Duncan MacDougall ist Arzt und will eine der ältesten Fragen der Menschheit beantworten: Gibt es eine Seele? Nur versucht es diese Frage zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte wissenschaftlich zu lösen und geht dabei buchstäblich über Leichen.
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Transkript der Folge
(dieses Transkript wurde automatisch generiert)
Christian Alt: Ich habe eine wichtige Frage, Anna. Diese Folge kommt am Ostermontag raus. Wir können jetzt hier einfach alle mal klären, was ist der beste Feiertag des Jahres?
Anna Bühler: Oh, das ist eine gute Challenge.
Christian Alt: Ich habe einen ganz klaren Favoriten.
Anna Bühler: Okay, ich überlege ganz kurz. Ich glaube, ich habe auch einen, aber ich kann den bestimmt nicht so gut begründen, wie du deinen.
Christian Alt: Okay, mein Favorit ist Pfingsten. Ich liebe Pfingsten. Also so Ostern kriegt man noch so mit und so, dann haben aber alle irgendwie Urlaub, blablabla. Aber Pfingsten, da kriegst du so einen Montag geschenkt.
Anna Bühler: Und wenn du dann noch irgendwie so einen frohen Leichnam dazunimmst oder so, Gib mir noch einen frohen Leichnam, ich gebe dir den Ostermontag.
Christian Alt: Da kannst du so Urlaub nehmen, aber so richtig geil. Also wenn das gut liegt und du Glück hast, ist Pfingsten dein Tor ins Glück.
Anna Bühler: Das heißt, deine Kriterien für einen guten Feiertag sind, wie kann ich möglichst lange am Stück frei nehmen, ohne Urlaub zu nehmen? Wahrscheinlich, oder? Fair enough. Ja, ist doch okay. Weil ich habe jetzt gedacht an den ersten Mai. Oh, okay. Weil, also ich liebe den Mai, weil da wacht man so auf aus diesem gruseligen, oft April. Und man fällt so in den Frühling. Das ist echt so 0 Uhr, 1. Mai, Tür auf, zack, Frühling da. Ding dong. Boing, hier bin ich. Und ich weiß nicht wieso, das ist so ein Tag, der gemacht ist für Day Drinking.
Christian Alt: Also wegen Bollerwagen und so? Naja,
Anna Bühler: weil man auch so, das ist eben meistens nur ein Tag und dann ist es meistens so ein Tag, wo zufällig die Sonne scheint, wo alle gerade noch so ihre Jacken anhaben, aber sich dann auch mal bis zum T-Shirt irgendwie ausziehen und so in der Sonne sitzen, überraschend, lockeren Tag haben und dann denkt man sich so um eins, ja, mache ich mir mal so ein Schörlchen mit...
Christian Alt: So ein Aperol-Spritz oder so.
Anna Bühler: Genau, und das sind oft so Tage, wo man dann halt irgendwie bis um 18 Uhr, länger wird, dann wird es auch kalt, aber bis um 18 Uhr mit Freunden irgendwie draußen sitzt und einen kleinen Schwipstad nach Hause geht und ins Bett geht oder irgendwie noch so ein Tatort guckt und so. Und ich liebe solche Tage.
Christian Alt: Finde ich super, finde ich super. Anderes Kriterium wäre noch, ob man irgendwie so einen Snacktag noch einlegen kann. Also zum Beispiel, ich finde den 3. Oktober auch interessant.
Anna Bühler: Den finde ich auch gut.
Christian Alt: Der kommt so, der kommt so, der kommt ganz gefährlich und ganz überraschend einfach.
Anna Bühler: Ja, der kommt unerwartet.
Christian Alt: Was nicht unerwartet kommt, ist die heutige Folge, oder?
Anna Bühler: The King of Überleitung, Christian, alt ist der Mikrofon. Die meisten Feiertage, zumindest bei uns in Bayern, haben ja einen christlichen Hintergrund, ne? Und da schließe ich jetzt mathematisch an, denn so ein bisschen Spiritualität ist in unserer jetzigen Folge drin. Also auch das Thema Glaube schneiden wir an. Es geht um den Menschen, der herausfinden wollte, wie viel unsere Seele wiegt. Von Kugel und Niere.
Christian Alt: Darwin gefällt das. Der History-Podcast über die Epic-Fails der Menschheitsgeschichte.
Anna Bühler: Aber nach jedem Sprung ist er wohl ein Stück mehr davon überzeugt, dass seine Idee sehr gut ist.
Christian Alt: Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Mit Anna Bühler und Christian Alt. Hier ist eine Tüte, kannst du da mal bitte reinscheißen? Ich nehme die mit ins Labor.
Anna Bühler: Natürlich macht er das nicht. Er sagt, hier ist ein Glas. Heute, Soulman.
Christian Alt: Hey, hier ist Christian aus der Zukunft. Diese Folge ist doch ein bisschen morbider als andere Folgen. Wenn ihr also Probleme habt mit Tod- oder Tierversuchen, setzt doch diese Folge vielleicht einfach aus und hört eine andere.
Anna Bühler: Ich würde gerne mit dir auch persönlich anfangen, Christian. Und zwar machen wir so eine kleine Zeitreise. Gemeinsam, wir zwei gemeinsam.
Christian Alt: Du hast jetzt jetzt so ein Mobil und dann der Fluxkompensator an oder was?
Anna Bühler: Genau, genau. Und dann tun wir da so ein bisschen Plutonium rein. Und so ein bisschen so ein abgeriebene Meerschweinchen-Zähne. Ich weiß nicht, was man so reintut in so eine Zeitmaschine.
Christian Alt: Hast du nicht zurück in die Zukunft gesehen?
Anna Bühler: Ja, doch. Aber bei mir kommen auch immer noch abgeriesene Meerschweinchen-Zähne dazu. Und ich würde gerne mit dir ins Jahr 2075 reisen. Eigentlich geht es mir nur darum, den Schaukelstuhl Christian vor mir sitzen zu haben. Christian, der alte Opa, der da so sitzt mit so einer karierten Decke über seinen Beinen. Und vor dir sitzt so eine Urenkelin, die kleine, wie nennt man seine Kinder? 2075?
Christian Alt: XR1283.
Anna Bühler: Vor dir sitzt die kleine XR1283. Sie ist sie. Und die sagt so, Hämmeruhr, Opa! Was waren eigentlich die großen Fragen deiner Zeit?
Christian Alt: Ach, ähm, wie ist das WLAN-Passwort? Äh, in der Uni war immer die Frage, wird es diese Vorlesung auch als Download geben?
Anna Bühler: Ich stell dir heute einen Mann vor, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die große Frage seiner Zeit zu beantworten. Der Mann heißt Duncan McDougall, ist ein Arzt, hat Schottische Wurzeln, ist in Glasgow geboren, ist aber die meiste Zeit seines Lebens in den USA gewesen, hat in Massachusetts gelebt, Anfang des 20. Jahrhunderts. Eine der großen Fragen seiner Zeit war, was passiert nach dem Tod? Ziemlich einfach, ne? Aber man möchte wissen, was bleibt denn danach? Eigentlich.
Christian Alt: Okay. Und der hat das rausgefunden, oder wie? Was nach dem Tod ist.
Anna Bühler: Genau, aber er hat es trotzdem nicht ins Geschichtsbuch geschafft, sondern nur in diesem Podcast. Natürlich hat er es nicht rausgefunden. Okay. Aber Duncan McDougall, 1866 geboren.
Christian Alt: Hat sich abgestrampelt und hat versucht.
Anna Bühler: Er hat eine Detailfrage, die diese große Frage betrifft, sich zu Herzen genommen, nämlich die Frage, gibt es eine Seele? Ja, also das hängt ja damit zusammen.
Christian Alt: Ja. Ich sag nein.
Anna Bühler: Okay, ja, okay, dann Ende. Ja. An der Stelle.
Christian Alt: Ja, das beantwortet.
Anna Bühler: Ende! Nee, ich glaube wahrscheinlich sagst du nein deswegen, weil du auch nicht gläubig bist, oder? Weil du nicht so an Leben nach dem Tod oder sowas denkst.
Christian Alt: Ich hab irgendwann mal so eine geile Argumentation gehört, warum es keine Seele geben kann, wenn du davon überzeugt, also so eine Seele als übernatürliches Ding, also wenn du davon überzeugt bist, dass dein Körper einfach nur so ein Fleischberg ist mit so, also ich rede von dir.
Anna Bühler: Du redest von dir.
Christian Alt: Genau. Also wenn du davon überzeugt bist, dass dein Körper eigentlich nur so ein Fleischberg ist mit so synaptischen Verbindungen und so eigentlich funktionierst du wie eine Maschine, wo sollen dann noch die Seele reinkommen? Wann ist der Moment, wo Gott so kommt und macht so, und dann ist die Seele in dir drin? Also wo soll das sein? Wann passiert das? Und so, wenn wir aus...
Anna Bühler: Kindergarten, keine Ahnung. Ich weiß nicht. Ist doch egal.
Christian Alt: Wenn ich das erstmal einpiss, dann so zack.
Anna Bühler: Seele, oh yeah. Also Duncan MacDougall lebt in der Zeit, wo man noch nicht so komplett pessimistisch unterwegs war wie du. Also er ist geboren Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts, fängt er eben an, so ein bisschen sich Gedanken zu machen. Und damals war es natürlich auch eine große Frage der Religion, also diese Frage, gibt es eine Seele? und wenn ja, geht sie dann irgendwie raus, wenn man stirbt, bleibt sie da? Es ist natürlich eine Frage, die in der Religion wurzelt, aber auch eine Frage, die sich, mit der sich die Wissenschaft auseinandersetzt. Also ich persönlich habe mich jetzt historisch noch nicht tiefergehend mit der Geschichte der Seele beschäftigt.
Christian Alt: Ich dachte du hättest darüber so eine Masterarbeit geschrieben oder so.
Anna Bühler: Ja, normalerweise immer in der Freizeit. Ich mache immer nachts, wenn ich nichts zu tun habe, dann recherchiere ich über die Geschichte der Seele, meistens stundenlang. Für diese Frage musste ich mir aber dann doch einen Profi dazuholen, weil ich wissen wollte, warum hat damals die Menschen dieses Phänomen Seele so beschäftigt? Und Richard Suck hat mir dann ein paar ganz interessante Informationen gegeben. Der ist ein Forscher aus Wales und hat ein Buch geschrieben, The Secret History of the Soul heißt es. Und der hat mir erzählt, dass Duncan MacDougall eigentlich jetzt nicht der erste war, der sich so mit diesem, was passiert eigentlich nach dem Tod mit der Seele beschäftigt hat. Und ich glaube, dass das sogar schon 200 Jahre vor ihm eigentlich ein riesengroßes Thema war.
Christian Alt: Das war die große Frage der frühen Neuzeit. Aber zu dieser Zeit, also Anfang des 20. Jahrhunderts, war die Seele keine Priorität mehr. Wenn man bedenkt, wie viel los ist, wenn man bedenkt, was die Elektrizität macht und so weiter und so fort.
Anna Bühler: Also ich habe nachgefragt, das heißt Duncan MacDougall ist so ein bisschen late to the game?
Christian Alt: Ja, er ist 200 Jahre zu spät, würde ich sagen. Man hat damals gedacht, dass es einen Körper und eine Seele gibt, dass es Materie und etwas Immaterielles gibt.
Anna Bühler: Ja, außerdem dachte man damals, dass es jetzt nicht irgendwas Immaterielles ist, die Seele, sondern dass es tatsächlich irgendwo im Körper liegen muss wie ein Organ. Das hat mir Richard Suck auch nochmal erzählt.
Christian Alt: Aber die Frage bleibt für viele Denker der Zeit, ist die Seele im Kopf oder ist sie im Herz? Denn man hielt den Kopf für ein Organ der Seele.
Anna Bühler: Und wenn wir jetzt schon drin sind in so absurdem Seelenwissen von 200 Jahre vor Duncan MacDougall, da hat mir Dr. Richard Suck auch noch eine interessante Geschichte erzählt. Und zwar haben Menschen damals so kleine Becherchen von Blut getrunken, weil sie dachten, in diesem Blut ist möglicherweise konzentriert die Seele drin, also verleibe ich mir die ein.
Christian Alt: Schau hervor, du wirst gehängt oder so, bis auf der Geotine und unten stehen schon die Leute mit ihren Bechern.
Anna Bühler: Fuck, Alter! Da zappte ich mir ein Schlückchen.
Christian Alt: Ohohohoho, fuck! Ja, krass, Dr. Richard Suck, not so Suck, ja?
Anna Bühler: Und jetzt kommt Duncan MacDougall zu dieser Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts und er möchte sich dieser Frage wissenschaftlich nähern. Er will beweisen, was die Seele existiert und am besten, weil das Menschen auch am besten verstehen, in Zahlen. Also nicht so, ja ich mach das ja immer philosophisch und so blablabla, so wie du gerade hast versucht das so ein bisschen zu erläutern.
Christian Alt: Aber in schlecht, genau.
Anna Bühler: Genau, in schlecht. Sagt er so, wenn ich das jetzt wirklich so wissenschaftlich habe und irgendwie in Nummern, dann ist das bestimmt glaubhaft und dann glaub auch ich das. Und dann kann ich damit eine große Frage meiner Zeit klären. Er will also beweisen, dass die Seele existiert, indem er herausfindet, wie viel eine Seele wiegt.
Christian Alt: Hahaha, okay.
Anna Bühler: Was würdest du jetzt so schätzen? So Pi mal Daumen so?
Christian Alt: Ach, ähm...
Anna Bühler: Wie viel würde deine Seele wiegen? Also so eine dicke Seele, die wiegt so Kilo?
Christian Alt: Meine Seele hat schwere Knochen.
Anna Bühler: Hahaha.
Christian Alt: So bestimmt so 120 Gramm oder 135 Gramm. Wie so zwei Kugeln Eis ungefähr. Ja, so stell ich mir das vor. Ja, das ist eine sensationelle Idee einfach.
Anna Bühler: Ja und es klingt natürlich irgendwie so ein bisschen naiv, ne? Ich leg das auf die Waage, so irgendwie strange die Seele zu wiegen. Aber, und das musste mir auch Richard Sack, unser Professor für diese Folge, erst nochmal erklären, das war sehr, sehr passend zu der Zeit, in der Duncan McDougall gelebt hat.
Christian Alt: Ich glaube, das war der Zeitgeist. Denn wenn man sich die Zeit vor McDougall ansieht und als er 1901 diese Experimente in New England durchführt, hat man einerseits eine riesige Menge an Dingen, die sehr seltsam und sehr neu sind. Also Elektrizität und die ganze Sache mit dem Spiritismus und die Behauptung, dass Ektoplasma gewogen werden kann, all das ist neu. All das ist neu, das ist total schwer zu erklären. Aber der Schlüsselbegriff für McDougall ist Messung, diese Besessenheit mit der Messung.
Anna Bühler: Also zusammengefasst ist passiert einfach wahnsinnig viel in dieser Zeit, in der Duncan McDougall gelebt, Anfang des 20. Jahrhunderts. Es wird mit Spiritualität rumprobiert, das geistert irgendwie so rum.
Christian Alt: Diese Weegee-Boards, wo so Leute in Zirkeln zusammensitzen, sagen Geister beschwören und so was.
Anna Bühler: Genau, wir holen unsere Ahnen zurück, solche Dinge. Und parallel wirklich wissenschaftliche Dinge oder auch Sachen, die die Industrialisierung befeuert, nämlich Elektrizität, die sehr, sehr wichtig wird. Also diese gegensätzlichen Welten, die natürlich alle sehr, sehr neu sind und die Menschen vielleicht deswegen auch so ein bisschen überfordern oder vor neue Herausforderungen stellen. Das kann ich mir vorstellen.
Christian Alt: Ja, es ist auch die Zeit, wo man einfach so, also Gervain schreibt seine Science-Fiction-Romane. Man träumt davon, zur Tiefsee und zum Mond zu fliegen. Also alles scheint irgendwie möglich und klar, können wir die Seele dann vielleicht auch wiegen. Und vor allen Dingen, ich finde es total geil, dass in diesem Podcast das Wort Ektoplasma gefallen ist. Das kannte ich nur aus Ghostbusters. Ich wusste nicht, dass das irgendwie so ein Begriff ist. Okay, aber Ektoplasma scheint irgendwie ein Fachbegriff zu sein.
Anna Bühler: Ich muss das mal kurz erklären, weil ich kannte das vorher nicht. Ich habe es dann irgendwie gegoogelt, aber wie würdest du es erklären jetzt?
Christian Alt: Ich dachte, Ektoplasma ist irgendwie das, was in der Welt von Ghostbusters ist. Ist das so der Schleim, den so Slimer und so hinterlässt. Das ist das Ektoplasma. Das ist das Ektoplasma. Es gibt doch so eine Folge South Park, wo Randy einen Monat nicht masturbiert. Und dann explodiert so sein Penis praktisch. Und dann wird er erwischt und sagt, das ist Ektoplasma, das ist ein Geist gewesen.
Anna Bühler: Aber zusammenfassend, was einfach wahnsinnig wichtig war, ich glaube für diese Menschen, die in dieser Zeit gelebt haben, um dieses ganze Kuddelmodel zu verstehen, was irgendwie um sie herum passiert, braucht man manchmal auch einfach ganz faktische, klare Dinge, nämlich Zahlen. Und deswegen, sagt Richard Sack ja auch, ist Measurement einfach Key. Ja, okay, wir kommen zurück zu Duncan McDougall. Ich stelle dir den Typen mal ganz kurz vor. Er will also ein Mensch sein, der so ein großes Geheimnis seiner Zeit lüftet, aber eben auf wissenschaftliche Art und Weise. Duncan McDougall ist 1866 geboren in Glasgow, habe ich schon erzählt. Also der ist eigentlich Schotte, geht aber irgendwann in die USA. Man weiß gar nicht genau, warum. Ob es deswegen ist, weil er dort die große Medizin lernen will oder ob er flüchten musste, das ist jetzt nicht so ganz klar. Aber 1886 kommt er nach Massachusetts. Dann studiert er Medizin an der Boston University School of Medicine und macht da 1893 seinen Abschluss. Er lässt sich dann auch nieder in den USA. Er heiratet, wird 1895 Vater, lässt sich danach sterilisieren, weil ist nicht so sein Ding das Vater sein. Ich weiß, ich habe das irgendwo gelesen und dachte so, warum? Aber anscheinend war das ganz schön nervig. Vielleicht will er sich auch voll und ganz auf die Medizin konzentrieren, kann auch sein. Er ist also in Massachusetts dann irgendwann als Arzt angesiedelt, hat da wohl auch so eine Praxis, was aber viel wichtiger ist. Er hat eine Art Nebenjob, der sehr wichtig ist für ihn. Und zwar arbeitet er in einem Krankenhaus, in dem schwerkranke Patienten unterkommen. Es ist tatsächlich so eine Art Sterbehaus. Viele tuberkulose Kranke sind da und es ist die letzte Station für viele Menschen, die da ankommen. Ich kann mir vorstellen, dass so ein Job was mit einem macht. Also da gehst du ja nicht hin und gehst um 17 Uhr nach Hause und sagst dir perfekt, jetzt gibt es Leberwurstbrot mit einer Scheibe Gurke. Was glaubt ihr zum Fernsehen? Ich geh noch kegeln heute, geile! Also sorry Leute, alles Gute, gute Nacht. Absolut richtig und deswegen kann ich mir vorstellen, dass man sich irgendwann mit dieser Frage beschäftigt, muss da nicht noch mehr sein? Ich will es nicht wahrhaben, dass die Leute, die hier sterben wirklich weg sind. Vielleicht will man denen auch Hoffnung geben und denen sagen, das tut jetzt kurz weh und ja es geht dir gerade dreckig, aber was danach kommt ist sowieso besser. Irgendwas von dir wird bleiben, was auch immer. Er glaubt also an dieses Prinzip Seele und in seiner Arbeit dort merkt er irgendwann, er muss es auch irgendwie hart kriegen. Er muss es irgendwie jetzt beweisen, dass er den Leuten, die hier vor ihm in den letzten Stunden ihres Lebens liegen, dass er denen nicht nur Mist erzählt, sondern dass er denen irgendwann auch sagen kann, ich hab's übrigens bewiesen, dass danach noch was kommt. Du kannst mir glauben. Hier ist der Bericht, schwarz auf weiß. Und dann denkt er sich so, also er steht irgendwann in diesem Krankenhaus und überlegt also wie er das jetzt beweisen kann, dass die Seele etwas ist wie so ein Organ. Also irgendwas, das eben, das irgendwie wirklich im Körper ist, das dann nur im Moment des Todes aus dem Körper rausgeht. Also wie beweist man das? Und du musst dir vorstellen, da steht jetzt in diesem Gebäude ein Krankenhaus, das übrigens davor eine Textilfabrik war. Da stehen noch so ein paar Gerätschaften aus dieser Textilfabrik rum. Er steht also so im Gang und guckt sich und überlegt sich, wie beweise ich das jetzt? Welches Instrument könnte ich hier benutzen? Das ist ein Kleiderständer. Nee, damit kann ich das nicht beweisen, das ist mit der Seele. Ein Wischmop? Nee.
Christian Alt: Eine Nähmaschine?
Anna Bühler: Nähmaschine? Nee, auch nicht.
Christian Alt: Ich bin gerade komplett irritiert, dass da noch so Sachen einfach rumstehen.
Anna Bühler: Das Wichtige ist, was da steht, eine große Waage.
Christian Alt: Okay.
Anna Bühler: Eine Textilwaage. Und da denkt er sich, na klar, ich muss die Seele einfach wiegen. Du musst dir vorstellen, er steht jetzt vor so einer großen Tafel und hat einfach diesen fucking genialen Einfall. Okay, es gibt eine Seele. Es gibt eine Seele im lebenden Menschen, es gibt aber keine Seele im toten Menschen. Das heißt also, wenn die Seele was wiegt, dann wiegt der Mensch lebend so ein bisschen mehr als tot. Du schüttelst nur mit dem Kopf, weil du es nicht verstehst oder weil du es...
Christian Alt: Das ist der dümmste Versuchsaufbau, den ich jemals gehört habe.
Anna Bühler: Nee, das ist eine richtig, richtig coole Idee. Es stimmt, es klingt super naiv, aber ich muss jetzt wirklich an der Stelle sagen, dieser Duncan McDougall, der ist schon, also der ist ein Wissenschaftler. Der ist wirklich ein Arzt, der einen Ruf hat. Der ist ein Typ, den man ernst nimmt. Also der ist jetzt nicht ein komplett Irrer, der durch Zufall irgendwie so Gert-Postel-mäßig an diesen Job gekommen ist und dann sagt, ich wiege jetzt einfach mal irgendwen.
Christian Alt: Das war ich schon.
Anna Bühler: Denen hat es wirklich studiert und dem glauben die Leute auch und der hat auch, ja der hat sein Know-how. Deswegen denkt er sich, es ist vielleicht auch eine irre Idee, deswegen lass mich mal kurz ein paar Fehler aus dem Weg räumen, die passieren könnten. Was könnte alles bei einem Sterbenden zur Gewichtsveränderung führen, wenn er mit stirbt? Dann kann es ja sein, dass zum Beispiel im Moment des Todes Ausscheidungen noch aus der Person rauskommen, also irgendwelche Fäkalien, okay, aber die würden ja auch, wenn du denen wirklich wiegst, im Moment des Todes noch weiter auf der Waage landen. Das heißt also, könnte man eigentlich ausschließen als Fehlerquelle. Eine weitere Fehlerquelle ist vielleicht, passiert irgendwas mit dem Lungenvolumen. Also wenn ich jetzt atme, wiegt mein Körper dann mehr oder weniger als wenn ich aufhöre zu atmen beispielsweise. Das testet er auch, er legt sich dann auf eine Waage und schaut, verändert sich das, wenn ich die Luft anhalte? Verändert sich nichts. Die Fehlerquelle also kann ich auch ausschließen. Er informiert sich auch bei anderen Kollegen. Ist das jetzt eine gute Idee, die ich hier habe, dass ich Sterbende wiege oder ist das völliger Quatsch? So, sag mal, was ich jetzt noch fragen wollte.
Christian Alt: Also die Rita, die machst du nicht mehr so lange. Ich würde die glaube ich gern wiegen. Hahaha, Shrieb. Und er so, die Idee hatte ich auch noch mal.
Anna Bühler: Ja, nee, aber wegen wissenschaftlich. Ah ja, ich auch, ich auch. Ich auch wegen wissenschaftlich. Wegen evidenzbasierten Dingens. Genau, evidenzbasiert Dingens.
Christian Alt: Ja, nee, wollte ich bei der Rita auch mal machen.
Anna Bühler: Aber die sagen auch, Duncan, vielleicht hast du recht, vielleicht ist es eine gute Idee. Lass es einfach mal versuchen. Das ist das Jahr 1902 jetzt. Duncan McDougall hat also diesen Entschluss gefasst. Er will beweisen, dass es eine menschliche Seele gibt, in dem er Menschen kurz vor und kurz nach dem Tod wiegt.
Christian Alt: Aber eigentlich müssten die ja dann auf der Waage doch sterben, um es wirklich hart zu kriegen, oder? Genau das hat er vor.
Anna Bühler: Genau diesen Versuchsaufbau plant er. Und jetzt musst du dir vorstellen, dass es gar nicht so leicht ist, dafür Patienten zu kriegen. Wenn du sagst, das ist jetzt wirklich seine große Herausforderung. Er braucht zwei Dinge. Erstens eine ordentliche Waage, zweitens Versuchst.
Christian Alt: Die muss so richtig geeicht sein, nach DIN Norm.
Anna Bühler: Muss eine richtig DIN Waage sein. Und er hat Glück, also in dieser Textilfabrik, wo dieses Krankenhaus mittlerweile ist, da gibt es ganz außergewöhnliche Wagen. Also zu der Zeit normalerweise gab es so Wagen, die relativ ungenau sind. Das waren eigentlich so Wagen mit so Federn hauptsächlich dran. Und dann misst du halt den Federweg, ob sie sich besonders weit auseinander dehnt, die Feder, oder zusammenzieht. Und dann kannst du ungefähr sagen, es hat so Pima-Daumen das und das Gewicht verloren. Damit kann man meistens nur größere Gewichte messen, weniger jetzt so Grammbereiche. In dieser Textilfabrik aber mussten unter anderem so Seidenstoffe gemessen werden und sowas. Deswegen gibt es da ganz fein tarierte Wagen, wo man zum Beispiel leichte Stoffe auch draufgelegt hat, um zu gucken, Seide ist viel wert, da zählt jedes Gramm, so ist total klar. Und deswegen können die auch wirklich kleine Mengen an Gewicht messen. Und das kommt ihnen tatsächlich dann zugute. Dann kann er eben auch gucken, ob sich da auch minimal möglicherweise nur was verändert hat. Das heißt also, die Waage hat er schon mal. Jetzt braucht er nur noch jemanden, der einverstanden ist, dass er ihm mehr oder weniger beim Sterben zuschaut. Und das ist jetzt nicht ganz so leicht.
Christian Alt: Würdest du das machen? Würdest du sagen, ich glaube, es geht langsam zu Ende. Und da kommt jemand und sagt, darf ich dich eigentlich wiegen, während du stirbst? Würdest du das machen für Wissenschaft und so?
Anna Bühler: Also ich glaube, wenn ich dem Typen, wenn er mir das glaubhaft erzähle, dass er damit eine große Frage unserer Zeit löst, würde ich das wahrscheinlich sogar machen. Ich glaube, ich würde es auch machen.
Christian Alt: Du wirst auch nicht was dagegen entspricht. Ja, mein Gott, dann wieg mich halt.
Anna Bühler: Sag mir nur nicht die Zahl.
Christian Alt: Genau danach.
Anna Bühler: Weil wenn es wenig ist, will ich auch nicht mit ins Grab nehmen. Das ist scheiße. Nee, ich glaube, das würde ich schon machen. Ich würde das eben nicht so was machen wie, hallo, hier ist Gunter von Dingens Bummens und ich würde dich gerne nackt nach Köln in die Messe stattstellen, wenn du tot bist.
Christian Alt: Du kriegst dann so einen Golfschläger in die Hand und dann stehst du da so. Dann spielst du da Minigolf.
Anna Bühler: Ich hasse Minigolf. Ist mir egal. Du spielst dann, wie absurd das eigentlich ist, oder? Hallo, ich bin Gunter und ich würde gerne, dass du danach in meiner Ausstellung nackt Minigolf spielst.
Christian Alt: Und wer sagt da ja? Für die Wissenschaft. Für die Wissenschaft.
Anna Bühler: Na klar. Nee, ich glaube, bei dem würde ich schon sagen. Ich finde das vertretbar. Viele Krankenschwestern in seinem Krankenhaus sagen, ob man das den sterbenden Leuten noch antun will und ob man die für so eine Entscheidung stellen möchte. Versuch es mal. Es stellt sich aber tatsächlich gar nicht so leicht raus. Er braucht so ein paar Wochen, bis er einen Patienten gefunden hat, deren Angehörige wahrscheinlich auch zustimmen, der auf eine Waage gelegt werden darf, während er stirbt. Aber er hat jemanden. Das heißt also, die Voraussetzungen sind jetzt geschaffen. Es ist 1902, Patient 1 ist gefunden. Er ist männlich, er liegt gerade im Sterben, ein tuberkulosekranker. Es klingt jetzt auch so ein bisschen morbide vielleicht, aber es ist gut, dass es ein tuberkulosekranker ist, weil der Tote darf sich jetzt nicht so krass viel bewegen, während er stirbt, damit die Waage nicht die ganze Zeit so bounce. Von links nach rechts. Das heißt also, er hat jetzt in dem Moment Glück, dass der Patient tuberkulose hat, weil anscheinend sterben die sehr ruhig. Also klar, husten vielleicht noch ein bisschen, aber sie schlafen eigentlich ein und zappeln jetzt nicht oder so was noch im Todeskampf, was ja furchtbar ist. Aber deswegen ist es ein guter Patient für ihn, der vor ihm quasi einschläft und da hat er eben die Hoffnung, dass sich die Waage dann einfach ganz schnell verändert im Moment des Todes tatsächlich. Er macht also alles bereit für diesen ersten Test. Es sind auch vier seiner Kollegen dabei. McDougall und seine Kollegen bereiten diese Waage vor, schieben so eine Bare darauf, machen es den Patienten einigermaßen angemessen, würde ich sagen. Legen ihn drauf, eichen noch mal den Zeiger der Waage, überprüfen alles und dann sitzen sie eigentlich davor und warten, dass was passiert. Eine Stunde, es passiert nichts. Zwei Stunden, es passiert immer noch nichts. Sie sehen, dass die Waage langsam immer weniger Gewicht anzeigt, aber stetig. Also das heißt, so im Laufe der Minuten, im Laufe der Stunden verliert der Patient anscheinend ein bisschen an Gewicht, was aber wahrscheinlich tatsächlich daran liegt, dass er so ein bisschen ausdunstet, dass er schwitzt und dass eben so ein bisschen Körperflüssigkeit nach außen geht. Das ist aber verzeichnet. Sie stellen die Waage immer wieder auf Null und sehen, dass sich aber kein großer Schritt tut. Drei Stunden später passiert immer noch nichts und dann aber nach drei Stunden und 40 Minuten bewegt sich plötzlich der Zeiger und zwar mit einem Geräusch. Also so plötzlich, dass es plötzlich so Klack macht und der Zeiger hat sich tatsächlich verändert. Sie schauen zum Beispiel Patienten und der Mann ist tot. Der Mann ist tot und 21 Gramm leichter. Im Moment seines Todes hat er wie durch Zauberhand 21 Gramm Körpergewicht verloren. Was war das wohl? Und das ist wirklich eine super historische Zahl und die Zahl, die immer mit diesem Duncan Mcdougall verbunden sein wird. Er hat rausgefunden, die Seele wiegt 21 Gramm.
Christian Alt: Ich habe das glaube ich auch schon jetzt wo du es sagst irgendwo schon mal gehört. Ich glaube es gibt einen Film mit Champagne, der da heißt.
Anna Bühler: Ja, es gibt Bands, die da draußen einen Song gemacht haben, so eine italienische Band beispielsweise. Travis Scott hat darüber gesungen. Dann ganz wichtig, Dan Brown hat diese Zahl natürlich auch schon verwurstet und wenn der es gemacht hat, dann reicht das für die großen Epen.
Christian Alt: Jetzt habe ich aber eine Frage, ist das alles jetzt nur so Popkultur Bullshit oder stimmt das wirklich?
Anna Bühler: Genau das möchte natürlich Duncan Mcdougall auch rausfinden. Der will natürlich nicht sagen, hier Patient eins, 21 Gramm, zack, machen wir einen Film draus, Sean Penn bitte.
Christian Alt: Darf es auch ein bisschen mehr sein.
Anna Bühler: Genau, ist das auch ein Film?
Christian Alt: Leg eine Scheibe Leona drauf.
Anna Bühler: Er weiß schon, dass er das jetzt irgendwie hart kriegen muss, dass er eben nicht nur diesen einen Patienten braucht, sondern dass er das jetzt wissenschaftlich zumindest so ein paar Mal irgendwie ungefähr auf diese 21 Gramm kommen sollte, damit die Leute ihm auch glauben. Das heißt also, er muss mehrere Versuche machen, er braucht mehrere Patienten und genau das macht er auch. Er ist jetzt so richtig gehypt. Ich stelle mir das jetzt so vor, klar ist da gerade ein Patient von ihm verstorben, aber er ist eigentlich innerlich so, yay, er geht so nicht in Gang mit so kleinen Fingerpistolen. Deswegen muss das natürlich jetzt ab und zu machen. Er kriegt auch fünf weitere Patienten, die das mit sich machen lassen, das heißt fünf Mal noch in seiner Karriere als Arzt und Seelenforscher kriegt er Patienten auf die Waage. Patient zwei stirbt plötzlich. Seelenkampfgewicht 23 Gramm ungefähr, klappt. Patient drei verstirbt. auch plötzlicher Gewichtsverlust von ungefähr einer halben Unze, das ist so ein bisschen mehr als 15 Gramm, aber auch einigermaßen evident. Patient vier geht leider ein bisschen was schief, die Waage wird nicht richtig geeicht und deswegen musste dieser Test leider weggeschmissen werden, egal, Patient fünf kommt. Leider geht es auch hier recht schnell, die Waage bewegt sich, als der Mensch stirbt und flippt danach aber wieder hoch, das heißt dieser Test ist irgendwie auch nicht brauchbar, weil der Zeiger hin und her schießt. Und bei Patient sechs geht leider auch was schief. Der Patient verstirbt schneller als gedacht und noch in dem Moment, als sie gerade dabei sind die Waage einzustellen, ist der Patient leider schon verstorben. Das heißt leider dieser Test ist auch nicht brauchbar. Duncan hat also nur so drei valide Pseudo-valide Tests.
Christian Alt: Ja und der war wahrscheinlich kein Bock mehr, ach das passt schon oder?
Anna Bühler: Nee das hat jetzt auch ein paar Jahre gedauert. Und er denkt, dass ich so, ja aber immerhin es waren ja sechs und nur weil bei vier das nicht so richtig funktioniert hat.
Christian Alt: Ich hatte drei komplett unterschiedliche Ergebnisse, einmal 15, 23. Egal!
Anna Bühler: Egal, also schon auf dem Motorboot. Egal! Und fährt davon diese ganzen Versuche von Duncan, das zieht sich eben über die Waage. Das zieht sich eben über ein paar Jahre wie gesagt. Es bleibt nicht unbeobachtet. Es spricht sich langsam rum, dass da so ein Arzt in Massachusetts Leute beim Sterben wiegt. Die New York Times erfährt von diesen Experimenten und die veröffentlichen einen Artikel dazu. Ich habe den auch gefunden, das ist vom 11. März 1907. So ein kleiner Artikel über so Kuriositäten eigentlich nur. Und da steht, Soul has weighed physician things. Also im Grunde, ein Mediziner glaubt, dass die Seele ein Gewicht hat. Und das wird in der großen New York Times veröffentlicht. Da steht dann von seinen Versuchen, von seinem ersten Patienten, was passiert ist, was er dachte, was es sei. Und eben, dass das damit möglicherweise bewiesen ist, dass die Seele ein Gewicht hat. Diese New York Times vom 11. März landet im Briefkasten von Dr. Augustus P. Clark, auch ein Arzt. Du kannst dir so vorstellen, der geht morgens zu seinem Briefkasten in so Schlappen und im Morgenmantel, hat noch den Kaffee in der Hand. Macht seinen Briefkasten auf, nimmt die Zeitung raus, blättert so. Wie hieß das? Soul has weighed physician things? Hä? Und dann liest er sich so durch, wie er diese Versuche gemacht hat. Und in dem Moment fällt dem die Kaffeetasse wirklich auf seinen Karetenschuh, weil er sich denkt, Wollt ihr mich verarschen? Was für ein Quatsch! Dieser Typ ist eben auch Arzt. Der hat auch schon zahlreiche Artikel veröffentlicht. Also das ist schon ein bekannter Typ. Der hat in Paris schon Medizin studiert, in London, was weiß ich wo. Also der war wirklich schon überall unterwegs, ist ein renommierter Typ, ein Mann seines Fachs. Und der setzt sich sofort an die Schreibmaschine und schreibt einen wütenden Brief an die New York Times. Einen Gegen, wie sagt man, eine Replik auf diese vermeintlichen Pseudo-Forschungen, die dieser Typ da gemacht hat. Und seine größte Kritik ist, natürlich verliert der Körper an Gewicht, aber nicht weil die Seele rausgeht oder irgendwas. Sondern er glaubt, nach dem Tod steigt die körperliche Temperatur kurz an, weil das Blut im Körper ja nicht mehr durch die Lunge gekühlt wird. Das heißt, es zirkuliert nicht weiter, wird nicht runtergekühlt, die Temperatur steigt und deswegen gibt es nochmal quasi so einen Schwitzschub. So, blöd gesagt. Medizinisch nennt man das Schwitzschub.
Christian Alt: Das hab ich auch, sehr oft.
Anna Bühler: Ja, das nennt man auch so. Und deswegen verlieren diese Menschen, die da auf seiner Waage liegen, Gewicht. Nicht wegen der Seele oder sowas. Und dann schreibt er darunter, und jetzt du, Duncan. Also, nee, ist das aber so gedacht. So, der Fädehandschuh ist so im Gesicht, so bam. Genau, Fatsch und du. Und tatsächlich entbrennt dann auch durch diese Rede, Gegenrede, durch diese Briefe ein offener Austausch. Diese Briefe oder diese Stellungnahmen, die werden in so einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. Und diese Debatte zwischen Duncan McDougall und diesem P. Clark, Augustus P. Clark, die gehen über so ein gutes Jahr. Das heißt, die streiten sich über diese ganzen Wissenschaften. Stimmt es nun, dass die Seele ein Gewicht hat, dass die Seele messbar ist oder nicht? Durch diesen öffentlichen Streit aber der beiden in diesem Wissenschaftsjournal geht das natürlich rum. Es macht die Runde und viele Forscher schließen sich dann irgendwann diesem Clark an, also diesem renommierten Arzt, der schon in allen europäischen Ländern irgendwie unterwegs war. Ja, und die sagen eben, dass die Theorie und diese Methode von McDougall nicht besonders wissenschaftlich war. Würden wir wahrscheinlich heute auch sagen. Aber sie kritisieren eben, dass es fehlerhaft sei, dass wichtige Details außer Acht gelassen worden würden, dass die Stichprobe zu klein war. Dann hat es ja oft nicht funktioniert und so weiter. Also alles, was wir wahrscheinlich auch als Laien jetzt irgendwie kritisiert hatten, sagen sie, das sei nicht besonders valide gemacht. Außerdem sagen sie auch, man kann eigentlich den genauen Todeszeitpunkt nicht richtig bestimmen. Also mittlerweile sind Patienten wahrscheinlich an Zig-Gerätschaften angeschlossen. Das war jetzt damals nicht unbedingt so. Da sitzt du halt da und wartest, kannst vielleicht einen Puls fühlen, aber es ist jetzt nicht so, dass du es auf die Millisekunde bestimmen kannst. Zusammengefasst, dieser McDougall wird nach diesem öffentlichen Disput von allen Seiten angegriffen. Und es kommt dann auch noch was anderes Blödes raus, was leider so ein bisschen an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln lässt. Und zwar macht Duncan McDougall leider auch Tierversuche. Nicht besonders ethisch wertvoll. Mit so Mäusen und so oder?
Christian Alt: Nie mit Hunden.
Anna Bühler: Ach komm. Also jetzt musst du wieder verstehen, seine Grundthese ist, Menschen haben eine Seele, Hunde nicht. Wenn Menschen sterben und Gewicht verlieren, dann ist es wahrscheinlich die Seele. Das bedeutet aber... Aber es gibt doch ein Hundehimmel.
Christian Alt: Das wurde mir immer gesagt.
Anna Bühler: Ja genau.
Christian Alt: Oder die sind halt auf so einer Farm in der Uckermark. Da ist der Hund jetzt auf einer Farm und hat ein gutes Leben.
Anna Bühler: Das haben mir meine Eltern auch immer gesagt, als meine Tigerfinken weg waren. Die hatten eine Frau abgeholt, die die jetzt ganz doll pflegt. Ja, danach habe ich gehört, dass die umgefallen sind, einfach die Tigerfinken. Einfach plötzlich vor der Stange gekippt. Oh Mann. Ja.
Christian Alt: Anyway, aber die haben auch eine Seele, die Tigerfinken.
Anna Bühler: Glauben wir. Duncan McDougall sagt aber, Hunde zum Beispiel, Tiere generell haben keine Seele. Und er möchte es jetzt beweisen, indem er eben Hunde beim Sterben wiegt. Und dann zeigt, in dem Moment verändert sich das Gewicht nicht. Aber bringt er die Hunde dann um?
Christian Alt: Das ist das Problem.
Anna Bühler: Jetzt finden wir einen sterbenden Hund. Ich hasse ihn. Ich hasse ihn. Er hat original, ja, ich finde es auch, das ist wirklich das Widerlichste, was ich in diesem Podcast unter anderem erzählen muss. 15 gesunde Hunde hat er auf der Waage vergiftet, um zu messen, ob sich das Gewicht ändert. Du wibst schon so richtig. Du wirst schon gerade so richtig auf die Fressaung.
Christian Alt: Ich bin wie so ein wütender Facebook-Kommentar einfach, der nichts postet, außer wenn so Hunde misshandelt werden. So bin ich gerade.
Anna Bühler: Du willst jetzt echt die Großstelltaste erlocken und einfach nur so richtig reinhacken.
Christian Alt: Das ist ein Schweigermodus ohne Scheiß.
Anna Bühler: Ja, das macht mich auch richtig fertig. Das ist wirklich der absolute Tiefpunkt dieser Geschichte. Was mich so ein bisschen beruhigt ist, dass es zu seiner Zeit auch schon sehr, sehr, sehr, sehr kritisch gesehen wurde. Und dass die Leute gesagt haben, hey, Duncan, was immer du tust, du treibst es gerade zu wild. Keiner will solche Forschungen. Hör einfach auf und wir glauben dir sowieso nichts mehr. Jetzt haben sie versucht, quasi ihnen so ein bisschen zu stoppen. Der Typ ist leider schon so ein bisschen in so einer Abwärtsspirale.
Christian Alt: Ich finde das ein kompletter falscher Vorgang, weil eigentlich hätte ja die Theorie seines Kollegen auch belegen können. Wenn er sagt, es kommt noch so ein Hitzeschub, dann müsste ja eigentlich bei allen Säugetieren irgendwie stattfinden. Und dann könntest du ja beim Hund das vielleicht genauso merken.
Anna Bühler: Seine Theorie ist, also tatsächlich misst er ja die Hunde und bei den Hunden gibt es keinen merklichen Gewichtsverlust. Er sagt, es ist, weil es keine Seele gibt. Die anderen Wissenschaftler sagen aber, dass Hunde ja nicht schwitzen. Stimmt, über die Zunge.
Christian Alt: Ja, genau. The Doi.
Anna Bühler: Genau. Und deswegen verlieren die kein Gewicht. Also es lässt sich eigentlich alles mit normalem Wissen mittlerweile, mit Common Sense erklären. Damals aber war es für ihn halt so, wir haben ja keine Seele, deswegen. Auch Jahre noch nach der Zeit von Duncan McDougall war es jetzt so, dass diese Ideen, also die Idee, dass nach dem Tod irgendwas mit der Seele passiert, schon immer noch wichtig war. Es beschäftigt die Leute weiterhin, nicht nur Anfang des 20. Jahrhunderts. Richard Suck, der Professor aus Wales, hat mir erzählt, dass es sogar noch in den 60ern, wenn nicht sogar bis in die 80er so war, dass man Tote eine Weile nach dem Versterben tatsächlich noch hat liegen lassen, damit die Seele aus dem Körper entschwinden kann. Ja, es war eine absolut standardische Praxis, wenn jemand sterben würde, den Körper allein zu lassen, für eine ganze Zeit, um den Geist zu verletzen.
Christian Alt: Also er sagt praktisch, man hat die Körper liegen lassen, damit die Seele so langsam so ausdünsten kann vielleicht.
Anna Bühler: Ja, das sind jetzt deine Worten, deine blumigen Worte. Aber natürlich genauso. Also was ich irgendwie verstehen kann, ist vielleicht auch so...
Christian Alt: Wie so nach einem schweren Kater am nächsten Tag, okay sorry.
Anna Bühler: Also ich kann es verstehen im Sinne von, dass es vielleicht auch so ein Teil davon ist, dem Toten die letzte Ehre zu erweisen, den auch nochmal in Ruhe zu lassen. Und vielleicht, wer weiß was da passiert, das vielleicht auch nochmal kurz sich selbst zu überlassen und nicht direkt zu sagen, okay hier aufräumen, unten einmal für euch durchwischen und den schieben wir jetzt unten ins Kühlfach.
Christian Alt: Ja, ich schäme mich jetzt für meinen Witz und zwar fünf Sekunden, aber ist okay, damit muss ich leben mit der Scham.
Anna Bühler: Schäme ich raus. Duncan Mcdougall beschäftigt sich tatsächlich auch bis ans Ende seines Lebens mit dieser Frage, mit diesem, wie fasse ich die Seele, wie mache ich dieses Konzept irgendwie sichtbar, messbar, sonst was. Sein letztes Projekt ist tatsächlich Fotos von der Seele zu machen. Selfie-Time oder so. Okay. Also das ist seine Idee. Er möchte Fotos von Sterbenden in der Sekunde machen, in der sie von uns gehen und glaubt dann auf den Fotos tatsächlich irgendwas zu sehen, was sie sehen. Und glaubt dann auf den Fotos tatsächlich irgendwas zu sehen, was aus dem Körper aufsteigt oder sowas. Das Ding ist, er stirbt vorher und kommt nie dazu...
Christian Alt: Die Fotos entwickeln zu lassen. Die Fotos sind... Der holt die nie beim Schlecker ab. Die sind heute auf der dm.
Anna Bühler: Und da irgendein so ein kleiner Azubi in dem Labor so, wow. Aber die 33 liegt da bis heute. Er ist leider nie dazu gekommen. Er stirbt am 15.10.1920. Rumme und Anerkennung werden ihm erst heute zuteil. i
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