Franz Tausend weiß, was die Menschen wollen. Gold! Weil er aber selbst keins hat, stellt er halt welches her. Beziehungsweise tut er so. Doch als er mit den Nazis gemeinsame Sache macht, wird das etwas komplizierter als gedacht.

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Transkript der Folge

(dieses Transkript wurde automatisch generiert)

Anna Bühler: Du bist ja bekannt dafür, dass du mir immer so Ohrwürmer gibst.

Christian Alt: Ja.

Anna Bühler: Und ich hab seit dem Wochenende einen Ohrwurm. Und nachdem diese Ohrwürmer mich nicht mehr im Stich lässt und ich ihn auch sehr feiere, glaube ich, das ist der beste Song aller Zeiten. Und jetzt wollte ich mit dir die Challenge machen. Überleg dir mal kurz, was ist der beste Song aller Zeiten? Das ist relativ einfach. Es liegt auf der Hand. Don't Stop Believing von Charlie.

Christian Alt: Nee, darfst du nicht sagen.

Anna Bühler: Okay, überlegst du den besten Song aller Zeiten?

Christian Alt: Hast du den gekauft?

Anna Bühler: Und wir sagen es bei drei und dann gucken wir, ob es der gleiche ist, okay? Das ist mein Ohrwurm. Also, pass auf. Eins, zwei, drei. Schlotterstein-Hymne. Was hast du gesagt? Sie liebt den DJ von Benz. Nein, Christian, das ist natürlich die Schlotterstein-Hymne von den Prinzen.

Christian Alt: Sie liebt den Mondschein und die Grucht. Oh mein Gott. Und auch die kalte Friede. Und die Kuh. Und die Kuh. Und die Kuh. Und die Kuh.

Anna Bühler: Und die Kuh. Und die Kuh. Und die Kuh. Und die Kuh. Und die Kuh. Und auch die kalte Friedhofsluft. Und immer nach dem letzten Gong singt er seinen Friedhofssong. Vor allem, er liebt den Mondschein und die Grucht. Oder wie Sebastian Krumbigl sagen würde, er liebt den Mondschein und die Grucht. Also, ich finde, das ist der beste Song aller Zeiten. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt.

Christian Alt: Die Prinzen sind eh eine Wahnsinnsband eigentlich. Also, so, wie geht da ein Song? Gabi hat Sehnsucht. Sehnsucht nach Klaus. Aber Klaus sagt nur, es ist aus.

Anna Bühler: Es ist so gut. Und wirklich, man lernt die Prinzen jedes Jahr mehr zu schätzen, je älter man wird. Ich habe Kissen verboten, total gefeiert mit sechs Jahren, um zu wissen, worum es geht. Dann fand ich die natürlich sehr uncool, die Prinzen. Und jetzt aber, mit jedem Lebensjahr, dass ich dazu gewinne an meinem Leben, steigen die Prinzen in meine Anerkennung. Ja, kleiner Schwenk aus meinem Leben. Es hat nichts mit diesem Podcast zu tun, aber ich musste das jetzt loswerden, weil die Schlotterstein-Hymne, die hängt mir echt in den Gehirnwindungen und die geht da nicht mehr raus.

Christian Alt: Ich erzähle dir heute eine Geschichte von jemandem, da würde der Prinzen-Song, ich wäre so gerne Millionär eigentlich ganz gut passen.

Anna Bühler: Oh, auch ein Glanzstück, ja.

Christian Alt: Ja, meine Überleitung war so so.

Anna Bühler: Ja, aber ey, weißt du was, wir können auch eine Challenge draus machen, weil ich bin mir sicher, für jeden Protagonisten oder Protagonistin dieses Podcasts gibt es einen Prinzen-Song. Ey, die Schlotterstein-Hymne, Giovanni Aldini.

Christian Alt: Ja, voll. Oder? Anyway, also Millionär, ich wäre so gerne Millionär, sagt wahrscheinlich auch Franz Tausend, der den Nazis falsches Gold angedreht hat und versucht halt aus dem Nichts Gold zu machen. Von Kugel und Niere. Darwin gefällt das. Der History-Podcast über die Epic-Fails der Menschheitsgeschichte.

Anna Bühler: Aber nach jedem Sprung ist er wohl ein Stück mehr davon überzeugt, dass seine Idee sehr gut ist.

Christian Alt: Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Mit Anna Bühler und Christian Alt. Hier ist eine Tüte, kannst du da mal bitte reinscheißen? Ich nehme ihn mit ins Labor.

Anna Bühler: Natürlich macht er das nicht. Er sagt, hier ist ein Glas.

Christian Alt: Heute Franz und das Nazi-Gold. Denn das war alles nur geklaut, ey, oh, ey, oh, das ist alles gar nicht meines, oh. Meine Geschichte beginnt in einer Münchner Villa, genauer gesagt in Obermenzingen, fast da, wo ich jetzt wohne.

Anna Bühler: Sollte ich gerade sagen, so ist es eine Geschichte aus deinem Leben.

Christian Alt: Ne, wir haben das Jahr nämlich 1924. Dem Land geht es schlecht. Erst letztes Jahr gab es in München noch den Hitlerputsch, dazu noch krasse Hyperinflation. Die ist inzwischen so ein bisschen im Griff, aber viele, viele Leute haben ihr Geld verloren. Deutschland ist arm und einer hat eine Idee, wie man dem Land helfen kann. Und nicht nur dem Land, sondern in erster Linie auch sich selbst, nämlich der Mann heißt Franz Seraph Tausend.

Anna Bühler: Also helfen heißt, alle kriegen die Taschen wieder voll, alle kriegen wieder was ins Maul.

Christian Alt: Genau, er macht das Land wieder reich, der hat eine Idee. Und dann kommen wir gleich zu. Franz Seraph Tausend, das genaue Datum von dem Treffen, von dem ich dir jetzt erzählen will, ist nicht der Oli Fert, aber 1924 hat er den wichtigsten Geschäftstermin seines Lebens, denn in einem Privatlabor an seiner Villa will er heute beweisen, dass er aus dem Nichts Gold herstellen kann.

Anna Bühler: Okay.

Christian Alt: Also die ganze Prozedur läuft so, Blei, Chlorid schmilzt zusammen mit Kardiumhydroxid, erklärt er dann so, er überzieht diese Metallmasse dann mit Paraffin und dann gibt er noch Kardium, Natrium, Paraffin und noch mal Quecksilber hinzu, schmilzt das, kühlt das, schmilzt es noch mal, kühlt es dann noch mal und dann hat man Gold.

Anna Bühler: Okay, alles klar. Dann wirft er das in so einen Fluss und dann sagt er, und jetzt gehen wir mit dem Sieb rein, oh, ich hab was gefunden, Leute.

Christian Alt: Also so, das war gerade so ein bisschen das Goldrezept von Franz Tausend und seine Erfindung präsentiert er 1924 nicht irgendwem, sondern einem der berüchtigsten Männer der Weimarer Republik, nämlich Erich Ludendorff.

Anna Bühler: Okay.

Christian Alt: Erich Ludendorff, wie sagt du das?

Anna Bühler: Never heard.

Christian Alt: Nein, leider nicht. Ein berühmter General im Ersten Weltkrieg, gemeinsam mit Hindenburg, hat sehr, sehr viele Menschenleben auch auf dem Gewissen, weil er katastrophale Entscheidungen auch im Krieg getroffen hat und er ist einer der Erfinder der Dolchstoßlegende.

Anna Bühler: Ah ja.

Christian Alt: Also die Deutschen haben den Krieg nur verloren, sagt er, weil es Oppositionen aus dem Inneren angegeben hat und das ist eine der Grundlagen für den Aufstieg der Nazis. Also, cooler Typ dieser Erich Ludendorff. Ganz cooler Typ. Anyway, diesen Ludendorff will Franz Tausend überzeugen, der will nämlich, dass Ludendorff ihm Geld gibt, damit er seine kleine Goldproduktion im großen Stil aufbauen kann. Und der verspricht hat Ludendorff.

Anna Bühler: so, Erich, wenn wir das hier hinkriegen, dann können wir alle Kriegsschulden auf einmal zurückzahlen. Versailler Vertrag ist vergessen, wir machen Deutschland wieder reich.

Christian Alt: Wir kriegen das hin. Ludendorff ist natürlich vorsichtig und schickt einen seiner besten Männer hin, einen richtigen Fachmann, einen Fach-Jemeker, soll ich nämlich anschauen, was der Franz Tausender erfunden hat. Johannes Kummer heißt er und der kommt dann so hin und dann so Ding Dong, dann gehen sie durch den Keller runter und da blubbert schon alles so. und dann stelle ich mir das so vor, dass Franz Tausender in so einem Keller steht und so Sachen zusammenschüttelt und brutzelt, zisch, keine Ahnung, Frankensteinen, Sounds, bedrohliche Musik und so weiter und so fort. Und das hier ist jetzt der entscheidende Moment im Leben von Franz Tausend. Hier entscheidet sich, ob er es schafft oder ob er in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

Anna Bühler: Er muss jetzt quasi diesem Typen, Johannes Dingsbums, diesem Johannes Kummer zeigen, dass seine Erfindung so super wasserdicht ist, dass er Gold machen kann.

Christian Alt: Wie das hier im Keller ausgeht dazu später. Ich will dabei jetzt noch mal ganz von vorne anfangen, weil wie kommt man auf so eine Idee? Was für ein Typ muss man sein, um überhaupt auf die Idee zu kommen, aus Bleigold machen zu können? Übrigens, kleiner Exkurs, das haben ja schon ganz viele Leute vorher probiert. Archämie ist halt so ein Ding aus dem späten Mittelalter, frühe Neuzeit. Transmutation heißt das dann, also du machst aus einem Stoff was ganz Neues. Haben sie über Jahrhunderte Menschen die Kopf drüber zerbrochen und er will es jetzt aber geknackt haben. Fangen wir ganz von vorne an. Also Franz 1000 wird 1884 geboren. Der kommt aus Krumbach in Bayerisch Schwaben. Das ist so ein Ort zwischen Augsburg und Ulm. Und in schon jungen Jahren kommt er mit Hochstaplern in Kontakt. Denn sein Vater ist Klempner und Wunderheiler.

Anna Bühler: Ah, scheiße. Coole Kombi.

Christian Alt: Sehr coole Kombi.

Anna Bühler: Also das heißt, dass sein Vater empfängt zu Hause wahrscheinlich ein paar Leute, die...

Christian Alt: Menschen und Tiere und dann macht er dann so Heilsprüche und dann sind die wieder gesund. Durch die Kraft seiner Worte. Absolut. Der heilige Klempner.

Anna Bühler: Ja. Ich muss kurz überlegen, ob ich es erzähle. Ich bin ungezwungen vor kurzem und es gibt die Geschichte, dass dort wo ich jetzt wohne, das ist in der Nähe eines Waldes, dass es dort eine Hexe gibt. In diesem Wald.

Christian Alt: Cool, das würden wir ja hören. Ja genau.

Anna Bühler: Und was man sich erzählt ist, dass wenn du ein Problem hast, kannst du zu dieser Hexe gehen. Und dann sitzt du in so einem Raum. Also du sagst zum Beispiel, hallo ich bin, ich brauch Geld. Dann schreibst du auf einen Zettel dein Problem auf, nämlich ich bin arm oder ich brauch Geld. Und dann gehst du mit deinem Problem und diesem Zettelchen zur Hexe. Dann setzt du dich quasi in so einen Vorraum und dann sind dann manchmal auch mehrere Leute, es gibt quasi so Sessions. Und dann nimmt die Hexe alle Zettel von den Leuten mit und dann verschwindet die im Wald. Das kann so vier, fünf Stunden dauern. Und dann kommt die wieder und dann ist dein Problem gelöst und dann fährst du nach Hause. Und sagen wir mal so, da wo ich jetzt wohne, gibt es Leute, die glauben das.

Christian Alt: Moment, okay, ich habe so viele Fragen. Wo ist dieser Raum?

Anna Bühler: Ja, aber der Hexe hat halt so ein bisschen im Wald. Das ist irgendwie so ein Raum mit so ganz vielen Teppichen und so. Halt so wirklich crazy.

Christian Alt: Und der existiert wirklich?

Anna Bühler: Ja, also ich war ja noch nicht da, deswegen kann ich es nicht verifizieren. Aber mir wurde diese Geschichte erzählt. Ja, ja. Kann man, hat die Google Bewertung.

Christian Alt: Kann man da mal eine Yelp-Review?

Anna Bühler: Das muss ich mal checken. Aber ja, anscheinend kann man sich da helfen lassen. Toll.

Christian Alt: Vielleicht war das auch das Business von Franz Tausends Vater. Aber so gut kann es nicht funktioniert haben, denn die beiden hatten dann auch keine Kohle. Die Familie war bitterarm. Und was er da aus seiner Kindheit gelernt hat, war, er muss sich durchschlagen. Er muss einfach immer irgendwie hustlen, hustlen, hustlen, hustlen. Leute charmant belabern. Ist halt auch so ein bisschen so sein Ding. Und er nimmt es mit der Wahrheit auch nicht so genau. Mit 18 geht er auf die Wald. Er lernt dann einen Drogisten kennen und lässt das mit der Wald dann wieder. Also ein Apotheker, da fallen ihm dann viele Bücher in die Hand. Also über Chemie und Alchemie. Und von diesem Zeitpunkt an ist er besessen von Chemie. Er druckt sich ganz schnell Visitenkarten mit 18. Auf denen steht Doktor der Chemie. Da steht dann so, Doktor Franz Tausend, Chemiker. Ich sehe mir so vor, wenn er damals schon ein Facebook gehabt hätte, hätte wahrscheinlich gestanden, Doktor Franz Tausend, Chemiker, Universität des Lebens.

Anna Bühler: Oh Gott, ja so einer.

Christian Alt: Ja. Und ansonsten ist er super umtriebig. In Ludwigshafen gründet er eine wissenschaftliche Geigenprüfstelle. Und entwickelt eine Methode, die gewöhnlichen Geigen angeblich den Klang einer Stradivari geben soll. Und zwar mit einem Zauberlack.

Anna Bühler: Okay, also so wie bei der Hexe. Aber, also der hat das irgendwie nie studiert oder so was? Nee. Okay, aber wie kann er sich dann, also woher weiß er dann Dinge? oder weiß er wirklich nicht so?

Christian Alt: Der hat das so gelesen bei diesem Typ im Keller, bei den Büchern und so. Und dieser Zauberlack, den versucht er zu verkaufen in seinem Geheimverfahren. Und es hat nicht geklappt. Er hat in seinem ganzen Leben eine einzige Dose Lack verkauft an so einen Holländer. Also irgendwie geht dieses Business auch nicht wirklich an den Start. Aber was man wissen muss, ist, dass Franz Tausend einfach getrieben wird von der tiefen Überzeugung, dass er ein natürliches Genie ist. Er glaubt, er hat das Universum durchstiegen. Er fängt dann auch an, Anfang der 20er Jahre ein neues Periodensystem zu erfinden. Das basiert auf Schwingungen des Universums, wo er sagt, ja Gold schwingt in einer Frequenz von 146, Dingsbumsherz, bla bla bla, und Blei ist auf so und so viel Herz. Und ich muss nur die Schwingungen erhöhen, um dann diese Stoffe zu verwandeln und so. Glaubst du, der wäre heute so irgendwie in der Esoszene irgendwie aktiv?

Anna Bühler: Ja, natürlich. Also es klingt alles so, hier Achtung, irgendwelche Geheimkräfte verändern diesen Stein, und den legst du dann ins Wasser und dann...

Christian Alt: Genau, also eben, ich glaube, das ist ein bisschen ein bisschen ein bisschen ein bisschen ein bisschen, er wäre so unterwegs, aber er hätte, glaube ich, auch immer den starken Drang, wirklich auch von offiziellen Stellen validiert zu werden. Also er schreibt zum Beispiel Briefe an Cambridge, an Harvard, an Yale und so, und schickt uns eine selbstgedruckte Broschüre, wo sein Periodensystem drin ist, und sagt, guck mal, wie geil ich bin, ich bin schon schlau, wollte mich mehr Professur geben.

Anna Bühler: Und die so, mmm, Spam.

Christian Alt: Und er schreibt auch noch einen Brief, und den möchte ich dir vorlesen, und zwar 1922 schreibt Franz Tausend einen Brief an das Nobelpreiskomitee, und der Brief lautet wie folgt. Durch Zusammenstellung eines harmonisch-periodischen Systems habe ich in der Chemie eine Grundlage gegeben, welche als Ausgangspunkt für alle chemischen Forschungen und unentbehrlich ist. Durch mein System ist die Transputation der Elemente in seinen Grundlagen theoretisch festgelegt. Ich bitte um Mitteilung, welche Bedeutungserlangungen des Nobelpreises zu erfüllen sind.

Anna Bühler: Und die haben ihm dann so ein Anmeldeformular zugeschickt, oder was? Also, was erwartet er?

Christian Alt: Der hätte gerne einen Nobelpreis erwartet.

Anna Bühler: Und dann so, wie macht man das, Leute? Was muss ich euch schicken? Ich hab hier ein Fassfoto.

Christian Alt: Hier ist noch mal eine Broschüre. Hier ist noch eine Broschüre.

Anna Bühler: Und hier ist ein kleines Stück Gold. Hab ich gemacht? Hab ich selber gemacht? Ja, also das ist so die eine Seite seines... Also maßlose Selbstüberschätzung.

Christian Alt: Maßlose Selbstüberschätzung. Also er sieht sich aber als Chemiker und als naturfischenswissenschaftler und will da auch Anerkennung haben. Das ist so eine Sache, die ihn eintreibt, und das andere ist einfach Gier nach Reichtum. Er ist einfach ein Betrüger. Er ist einfach ein Betrüger. Ich geh noch mal kurz in der Zeit zurück. Wir waren jetzt bei 1922. Es hat dich ja auch schon mit der Visitenkarte eingedeutet. Er macht einfach Sachen, die kriminell sind. Zum Beispiel gründet er 1918 den Bund der Familienfreunde. Es ist halt so ein typisches Höhle der Löwen-mäßiges Start-up. Das ist nämlich ein Einkaufsverein, gründet er. Und eigentlich ist die Idee nicht schlecht. Weil das Problem nach dem ersten Weltkrieg war, alle Rohstoffe sind knapp, alle Luxusgüter sind knapp, Lebensmittel sind knapp. Und wenn du irgendwas importieren willst, was irgendwie geil ist, dann kostet das ein Arsch voll Geld. Wie heißt dieses Bündnis, was er gründet?

Anna Bühler: Bündnis der Familienfreunde.

Christian Alt: Aber das verstehe ich überhaupt nicht, was dahinter stecken soll.

Anna Bühler: Der Familienfreunde? Das ist ein random Name.

Christian Alt: Aber im Grunde genommen ist es ein Einkaufsklub. Er geht dann praktisch zu Leuten hin und sagt, hey, also wenn du jetzt in den Laden gehst und willst eine Tafel Schokolade haben, wegen Importpreisen kostet die 5 Mark oder so. Wenn wir aber alle zusammenlegen. Und 100 Tafel kaufen. Genau. Und dann kostet die ja nur eine Mark. Und dann hier kannst du unterschreiben, ich bestell dir eine Tafel Schokolade mit. Und so weiter und so fort. Und Kaffee und etc. So, Sammelbestellung. Ist eigentlich eine ganz gute Idee. Er sammelt dann Mitglieder und lässt sich von denen Geld geben. Und dann sagen sie, hier einmal Schoki, auch einmal Bananen, und so weiter. Aber sein Trick ist, er behält einfach die ganze Kohle und gibt keine Bestellungen auf. Und setzt sich ab. Das ist ein cooler Trick. Das ist ja ein Trick.

Anna Bühler: Also da muss er erstmal drauf kommen. What the fuck. Und wie lange geht das gut? Zwei Wochen oder so?

Christian Alt: Nee. Nee.

Anna Bühler: Geht einfach mega gut.

Christian Alt: Ich glaube daran, weil die Schadenzimmer bei der einzelnen Person so gering war. Das ist dann, ja okay, das wurde ich ja betrogen. Aber was macht er mit der ganzen Kohle? Er kauft sich Villen und Schlösser. Okay, also richtig viel gesammelt. Er hat sehr viel Schokolade vermeintlich verkauft. Er hat einen sehr extravaganten Lebensstil sein ganzes Leben lang.

Anna Bühler: Und hat dann eben, ich habe ja gesagt, die Geschichte startet in einer Villa in Obermensing.

Christian Alt: Das ist halt seine Villa einfach. Die hat er. Genau. Aber, er hat dann auch eine ganz schöne Geschichte. Und dann hat er auch eine ganz schöne Geschichte. Aber jetzt, wo irgendwie das Nobelpreis-Komitee nicht ihm die Anerkennung gibt, die er will, nämlich den Nobelpreis für Chemie, will er das, was jeder Betrüger will, mehr Geld. Ich muss nochmal nachfragen.

Anna Bühler: Also den Nobelpreis möchte er ja für sein neues Periodensystem. Und einfach diesen ganzen, das Familiengedöns und Schokolade kaufen, ist einfach so sein Zeitstruggle. Ich glaube, das ist schon sein Hauptstruggle. Ich glaube, das Nobelpreis-Ding ist halt so.

Christian Alt: Ich bin aber eigentlich auch ein Genie. Ich bin ein Genie. Das wäre einfach so hier irgendwie noch ein Ordenumhängen wäre ganz schön. Genau.

Anna Bühler: Weil man kann dann auch nochmal gut auftreten vor anderen. Ich verkaufe die Schokolade und ich bin Nobelpreisträger.

Christian Alt: Genau.

Anna Bühler: Wer sagt dann nicht, ja. Genau. Und das bringt uns jetzt alles wieder an die Villa vom Anfang. Weil wir haben dort den Fachchemiker von Ludendorff, Johannes Kummer.

Christian Alt: Und dann ist da Franz Tausend, habe ich eben schon gesagt, der so ganz viele Sachen zusammenkippt. Das zischt und blubbert und so. Und dann ist da der Franz Tausend, der so ganz viele Sachen zusammenkippt. Und dann ist da der Franz Tausend, der so ganz viele Sachen zusammenkippt. Das zischt und blubbert und so. Und dann ist da noch ein Mann, von dem ich noch nichts erzählt habe. Und zwar ein gutgläubiger Mann namens Rudolf Rienhardt. Und das ist der Geldgeber der ganzen Aktion hier. Und das ist der Geldgeber der ganzen Aktion hier. Der ist ein Opfer von Franz Tausend. Mit dem er aber übrigens nicht so viel Mitleid haben sollte, weil der ist später auch ein krasser Nazi und so. Der ist ein erstes Opfer von Franz Tausend. Der ist ein erstes Opfer von Franz Tausend. Das mit viel Glück jetzt aber doch reich werden könnte. Das mit viel Glück jetzt aber doch reich werden könnte. Nämlich dieser. Rudolf Rienhardt hat ein paar Monate vorher eine Annonce rausgegeben. Die ging mehr oder weniger so. Junge Jurist mit großem Vermögen sucht eine Anlagemöglichkeit bei streng seriösen Großunternehmen, bevorzugt in der chemischen Industrie. Und diese Anzeige liest Franz Tausend in der Zeitung und sagt so, Das bin ja ich. Seriös Großunternehmen in der Chemieindustrie. Das bin ich. Und die beiden verstehen sich und gründen die Tausend und Rienhardt GBR mit dem Ziel Gold im großen Stil herzustellen. So, jetzt haben die beiden eine Firma. Das ist so das Wunder, dass die beiden so ein bisschen in der Chemieindustrie sind. Und das ist so das Wunder, dass die beiden so ein bisschen in der Chemieindustrie sind. Jetzt haben die beiden eine Firma. Das ist so das, wo er rein investiert. Weil er sagt, ich kann Gold machen. Ich bin schlau. Ich bin Nobelpreisträger.

Anna Bühler: Also das Schokoladengeld steckt er quasi da rein, weil er glaubt an diese Idee.

Christian Alt: Nee, der Rienhardt, der hat selbst Geld.

Anna Bühler: Ach so, der Nazi.

Christian Alt: Da weiß ich gerade nicht, wo er das Geld hat. Ich hab glaub ich in einer Quelle gelesen, dass er irgendwie so eine Frau betrogen hat und so ein Eheschleicher ist. Alter, da treffen sich echt die richtigen. Das ist ja echt dumm und dümmer.

Anna Bühler: Machen jetzt irgendwie ein Imperium.

Christian Alt: Genau. Und dieser Rienhardt weiß auch schon, wo man noch mehr Geld für diese Start-up herkriegt, weil der hat gute Kontakte in die deutschen nationalen Kreise. Also genau zu den Leuten, die den Hitlerputsch umgesetzt haben und so. Und von denen später dann auch viele in der NSDAP landen. Und so sind wir eben wieder in dieser Szene am Anfang. Wie gesagt, Fachchemiker von Ludendorff, Johannes Kummer, und der guckt ihm die ganze Zeit über die Schulter. Und was er so blubbert. Und so, mhm, interessant. Supergeil, alles total wissenschaftlich hier.

Anna Bühler: Der Faktchecker, der halt so guckt, okay, stimmt das, was er uns erzählt? Und wie sind seine Methoden? Und ist es valide?

Christian Alt: Genau.

Anna Bühler: Und guess what, it's not. Es ist wahrscheinlich komplette Scheiße, die er da zusammenbraut.

Christian Alt: Ja, aber das Ergebnis ist, Franz Tausend hält ihm irgendwann einen Klumpen Gold hin. 7 Gramm reines Gold. Und heute wären das 300 Euro wert.

Anna Bühler: Aber es kann ja kein Gold sein. Christian, komm mal. Das kann doch kein richtiges Gold sein.

Christian Alt: Ich komm gleich, wie der das macht. Wie diese... Was dahinter steckt. Also Kummer ist komplett aus dem Häuschen, dieser Fachchemiker. Der meldet sich bei Ludendorff und sagt, Herr General, die Sache stimmt. Der Typ macht Gold.

Anna Bühler: Der Typ hat Goldklumpen in seinem Keller geschissen.

Christian Alt: Ja, was du jetzt aber auch wissen solltest, ist, dass dieser Typ, dieser Experte, der ist eigentlich gar kein Experte. Denn natürlich ist auch der kein Fachmann, sondern so ein abgebrochener Chemiestudent ohne Abschluss. Die haben einfach so drei Pfeifen in dem Keller. Niemand hat eine Ahnung von irgendwas. Irgendwann glänzt was und sagt, ja, ist Gold. Ja, cool. Der hat keine Ahnung, aber Ludendorff ist überzeugt. Und jetzt ist er dabei. Jetzt geht's los. Und jetzt rollt der Rubel. Ein Rechter nach dem anderen tritt bei. Also die investieren in die Firma. Also Ludendorff holt praktisch alle seine Kumpels auch aus der Schwerindustrie und so. Alle in den deutsch-nationalen Kreisen unterwegs. Alle eigentlich, früher Hitler Unterstützer auch. Und die investieren in diese Goldfirma.

Anna Bühler: Weißt du, was mein Lieblingsende dieser Sache gewesen wäre? Dass halt diese ganzen deutsch-nationalen, großgelbigen Leute ihre komplette Kohle in diese Scheißidee stecken, danach einfach arm sind und dann nichts mehr zu melden haben, weil sie alle scheitern.

Christian Alt: Sie sind nicht das Opfer. Das muss ich jetzt leider sagen. Ich musste die Illusion nehmen, weil die sind alle mega schlau. Leider. Hä? Ja, pass auf. Ludendorff sieht diese ganze Sache als Win-win. Nehmen wir an, es klappt. Der kann wirklich Gold machen. Dann zahlt sich die Investition aus. Und dann ist sein Gedanke, kann Deutschland den Weltmarkt mit billigen Goldfluten. Und wenn überall das Gold billig ist, dann bricht der internationale Währungsmarkt zusammen, weil alle Währungen mit Gold gedeckt sind und so. Und wenn der zusammenbricht, dann müssen wir keine Reparation mehr an Frankreich zahlen. Deutschland ist raus aus dem Besteria-Vertrag. Zack, bumm, aus. Wir sind am Start.

Anna Bühler: Okay, aber was, wenn es kein richtiges Gold ist? Das ist ja das Spannende.

Christian Alt: Ludendorff setzt einen Vertrag auf mit den beiden, bei dem er sehr, sehr große Anteile hält an dieser Firma und die Geschicke der Firma maßgeblich mitbestimmen kann. Und diese Goldfirma ist eigentlich von Anfang an nur eine Geldwäscheanlage für die Nazis in den 20er-Jahren. Es geht um illegale Parteispenden.

Anna Bühler: Okay, what? Krass. Aber was heißt, also quasi der ist jetzt, hat quasi große Anteile an dieser Firma. Das heißt ja eigentlich steckt da quasi Geld irgendwo rein, wo er es sich eh an wieder rausnehmen kann. Das ist die Idee, oder wie?

Christian Alt: Die Idee ist folgende. Die Nazis sagen praktisch nach außen hin, ja guck mal, wir haben voll die geile Investition gemacht, wir unterstützen hier so ein junges Start-up. Aber eigentlich ist das Durchgreifsrecht auf die Konten von dieser Firma so groß, dass der Ludendorff jedes Geld einsammelt und eigentlich nur weiterleitet dann andere parteinahe Organisationen. Zum Beispiel die Nationalsozialistische Zeitung, den Völkischen Kurier. Die ist hochdefizitär und die braucht praktisch Geld. Und die praktisch Gewinne werden da ausgewiesen, die keine Gewinne sind, weil es einfach nur eins zu eins Investitionen ist.

Anna Bühler: Einfach durchgeleitet wurde. Genau. Durch den Chemiekeller. Genau. Einmal weiter zur Völkischen Blatt.

Christian Alt: Dann werden einfach andere Sachen damit finanziert. So.

Anna Bühler: War das von vornherein der Plan? Also eigentlich kann er froh sein, dass da irgendein Dödel kam, der sagt hier im Keller ist eine Idee, habe ich eine Idee mir zusammengesponnen und ich bräuchte Geld und dann dachte er sich perfekt, den melke ich jetzt.

Christian Alt: Genau. Genau. Der wird also Franz Tausend wird ausgenutzt. Nutzt aber natürlich selbst auch aus, weil er wird auch damit sehr, sehr reich. Also ich glaube er hat einfach, später gibt es dann noch so, auch ich wusste gar nicht, dass die alles Nazis sind. Wer hätte das ahnen können? So. Aber der profitiert schon sehr, sehr deutlich von diesem Deal, den die da geschlossen haben. Auch wenn er, also Ludendorff bekommt zum Beispiel 75% der Gewinne und er bekommt 5% und der andere 8%. Aber trotzdem sind diese 5% schon sehr, sehr viel, dass er sich noch mehr Willen und Schlösser kaufen kann. Die werden richtig reich tatsächlich. Die Geldgeber, das waren meistens wirklich rechte industrielle Fabrikanten, Großkaufmann Adolf Held aus Bremen, der Freiburger Johannes Küchenmeister, der spielt dann später noch eine Rolle, und der Berliner Ingenieur und Stahlfabrikant Alfred Mannesmann. So, jetzt kannst du dir mal vorstellen, wenn praktisch so eine Gruppe von korrupten Nazis diesen Laden aushöhlt, dann ist da eigentlich gar nicht so viel da und diese Firma ist immer wieder kurz davor, Konkurs Bankor zu gehen, weil einfach das Volumen nicht da ist. So, die Firma wird von innen ausgehöhlt und so melden sich dann auch schon die ersten Skeptiker, die fragen kann Franz Tausend wirklich Gold machen? Ist das hier wirklich legit? Weil dadurch, dass sie immer weiter auswählen, brauchen sie auch neue Investoren, die dann vielleicht jetzt auch nicht so aus diesen rechtsnationalen Kreisen drin sind, sondern einfach so...

Anna Bühler: Wirklich an die Idee glauben.

Christian Alt: Die ganz große Frage ist ja, wie kommt er damit durch? Wie kommt jemand, der keinen Gold machen kann? Weil bis heute, wir leben im Jahr 2021, bis heute ist kein Prozess bekannt, der aus dem Nichts oder aus Blei Gold machen kann.

Anna Bühler: Aber dieses Ding läuft ja irgendwie.

Christian Alt: Genau. Also der eine Teil der Antwort, wie er damit durchkommt, ist die Kreise, in denen er sich bewegt, die wollen, dass es funktioniert.

Anna Bühler: Also diese Nazis, die klacken halt nicht genau hin, sonst wird ja eh alles weitergegleitet.

Christian Alt: Sie geben ja nicht Geld, weil er Gold machen kann, sondern weil es eine Risikoanlage ist, die sie kontrollieren. Und das hat auch damit zu tun, dass Franz Tausend damals nicht der einzige ist, der Gold macht. Also es gibt noch andere. Heinz-Kottschildgen heißt einer, aber auch der renommierte Chemiker Fritz Haber, der den Dünger erfunden hat und der wirklich Nobelpreisträger ist, der beschäftigt sich auch mit Goldherstellungen. Also es ist schon so ein... Damals so eine kleine Aufbruchstimmung, wo man denkt, okay, das ist vielleicht so die Grenze des Wissens und vielleicht ist der Prozess, den er 1000 erfunden hat, wirklich legit. Und dann der andere Teil der Antwort, wie er damit durchkommt, ist Franz Tausend ist supertriggreich. Denk mal an die Sache von eben, du hast eben gefragt, hä? Und dann kommt da plötzlich so ein Klumpen Gold raus? Ja, Franz Tausend tut den einfach da rein, weil sein Prozess besteht daraus, dass er ganz viel Nebel macht und es dampft dann so ganz viel und dann steht er einfach in so einem grünen Dunst und so. Und dann legt er so ein Ding aus der Tasche, einen kleinen Goldklumpen und tut den da rein. So, oh guck mal, Gold! So. Also er bescheißt. Er bescheißt, ja. Und deswegen sagt nämlich auch diese erste Skeptiker, diese erste Skeptiker sagt Franz Tausend bescheißt und er soll bitte seine Versuche ab sofort in Badehose machen. Und das andere Ding ist also, er macht dann auch wirklich öffentliche Vorführungen, weil die Nazis natürlich auch sagen wollen, hey, guck mal, wir haben voll den Geheimprozess erfunden, dann sind wir alle investiert, wie cool ist das denn? Und so. Und auch bei diesen öffentlichen Vorführungen ist immer irgendwo, gehen wir zumindest heute stark davon aus, irgendwo immer so blop, ein Goldstück im Mund oder hinter dem Ohr hat er ganz viele Sachen.

Anna Bühler: Kann nicht sein. Also ich finde das so dumm, weil er ja, also er muss ja davon ausgehen, dass es irgendwann auffliegt. Also was ist die Langfriststrategie hinter so einer Scheiße?

Christian Alt: Ja, also ich glaube...

Anna Bühler: Sich irgendwann absetzen mit der Kohle und nie wiederkommen? Oder was ist die Idee?

Christian Alt: Ja, das war immer die Idee. Er wird später in Italien gefasst, aber...

Anna Bühler: Okay. Ja, weil er muss ja davon ausgehen, dass es irgendwie dreimal klappt und dann irgendwie beim vierten Mal sieht das jemand. Und dann muss er aber irgendwie schon eine Idee haben, wie er aus dieser Situation rauskommt.

Christian Alt: Ich glaube, das ist so eine Sache, da können sich nicht Soziopathen wie du und ich sich schwer einfühlen. Weil wenn du so überzeugt bist, dass das wirklich klappt, dann klappt es irgendwie, ne? Keine Ahnung, vielleicht denke ich auch, das sind jetzt Startschwierigkeiten. Ich glaube an meinem Prozess, jetzt hat es schon wieder nicht funktioniert, aber das ist Sicherheitsgold, ja? Er ist auf jeden Fall in einem Punkt, wo es die ersten Skeptiker jetzt gibt, 1926. Die ersten Leute sagen, bitte macht die Versuche in der Badehose. Er ist aber gleichzeitig auch in einem Punkt, wo er einfach noch mehr Kohle braucht, weil die Nazis ihm so seinen Laden aushöhlen. Deswegen gründet er jetzt diese neue Firma, die chemische Studiengesellschaft 1000 e.V. Und das ist eigentlich das Ziel, wir machen das ganze Ding jetzt noch größer. Noch mehr Fabriken, noch mehr Geld, wir brauchen noch mehr Kapital. Und er beschäftigt dann auch irgendwann in Fabriken Arbeitslose, die dann so Heimapparate zusammenbauen, wo du praktisch zu Hause dir Gold machen kannst.

Anna Bühler: Geil.

Christian Alt: Ach, ich muss eine Rechnung bezahlen. Ah ja, okay, cool, ich gehe kurz in meinen Goldschrank und lass mir kurz Gold...

Anna Bühler: Dann hol ich mir kurz meinen Goldautomaten, tu den auf meinen Fliesentisch und dann mach ich, weißt du, wie so Kippen.

Christian Alt: Genau, Kippen drehen, während, mitten im Leben oder so, genau.

Anna Bühler: Nicht drehen, sondern mit diesen Automaten, diese Stopfautomaten.

Christian Alt: Genau, also er macht einfach immer weiter, auch weil diese Geldwaschanlage irgendwie nicht auffallen soll natürlich. Und dann 1926, also zwei Jahre später, ist er eigentlich auf der Höheseine des Erfolges. Die Summe der Gewinne, die lässt sich nicht genau nennen, aber es wird schon eine bis mehrere Millionen Reichsmark ausgegangen. Und der Wechselkurs ist ungefähr 1 mal 3,5. Also eine Million sind 3,5 Millionen Euro.

Anna Bühler: Krass, okay. Genau.

Christian Alt: Er wird auf jeden Fall sehr, sehr reich. Er kauft das Schloss Tarant bei Dresden, er kauft so einen Schloss in Tirol. Und in seiner Wohnung soll ein Geldbündel auf den Tischen einfach so rumgelegen haben, weil er einfach so viel Geld hat, so Walter Wildstyle. Und, was er auch macht, ist, er gibt großzügige Darlehen und Geschenke an die Bevölkerung, also in München, in Obermenzing, in Gielching, in Aubing, wo der unterwegs war, alle so Franz Tausend, mein Freund, wie geht es dir? Der war einfach der Pablo Esco Bar aus Obermenzing.

Anna Bühler: Ja Leute, ich mache euch immer einen Fahrradweg und hier kann man einen Sammeltaxi-Stand.

Christian Alt: Genau. Wie wäre es denn mit einem Fleischautomaten oder so ein Eierautomaten auch hier? Genau.

Anna Bühler: Wischt'n Automat für ein Sommerfest.

Christian Alt: Ja, wir haben ja eben schon erzählt, die ersten Skeptiker melden sich in 1926, 1927. Und da gibt es halt eine Sache, die relativ groß ist, und zwar der Fall Meilenholt. Herbert Meilenholt ist einer seiner Geschädigten, der verkauft sein Geschäft, der hatte so ein Geschäft in München, und damit kauft er bei 1000 Goldgutscheine im Wert von 180.000 Mark. So einfach so, hey, ich geb dir Geld, und dann krieg'n Gutschein, und dann, wie du das Gold produziert hast, dann in ein paar Monaten, dann krieg' ich das Gold ja. Ist ja easy. Die Mutter von diesem Meilenholt kauft ihr Haus in der Villa in Nymphenburg, Gegenwert 150.000 Mark, also heutiger Preis, irgendwie 555.000 Euro. Und die beiden sehen einfach nichts von diesem Geld. Es ist ein riesiger Schaden, Millionen Schaden in heutigen Euros, und die bekommen kein Gold für ihre fucking Gutscheine, und Herbert Meilenholt bringt sich um. Und seine Mutter stirbt aus Trauer und Graben, heißt es. Genau. Und jetzt wird Franz Tausend vom hinterbliebenen Bruder verklagt, weil er seinen Bruder betrogen hat.

Anna Bühler: Auf dem Gewissen hat, mehr oder weniger. Genau.

Christian Alt: Da gibt's jetzt riesigen Ärger, und auch auf einer anderen Flanke droht Ärger, nämlich die Anleger dieser chemischen Studiengesellschaft, die schließen sich zusammen, machen eine Sammelklage, und sagen, wir sind mit dem Schadetan aufgesessen, wir kriegen einfach kein Gold für unsere fucking Goldgutscheine. Und deswegen flieht er über die Grenze nach Südtirol, wird dann aber gefasst, als er einen Verkehrsunfall hat. Und dann wird er gedacht, ah, okay, das ist ja Franz Tausend. Ah ja, cool.

Anna Bühler: Den brauchen wir.

Christian Alt: Genau. Da kommt ein U-Haft. Jetzt haben wir schon...

Anna Bühler: Er ist jetzt in Deutschland wieder.

Christian Alt: Er ist jetzt wieder in Deutschland. Und jetzt haben wir 1929, und dann kommt ein U-Haft. Er ist anderthalb Jahre in U-Haft. Und dann gibt's so eine Sache, die echt unglaublich ist, auch aus heutiger Sicht, nämlich er will beweisen, dass er kein Betrüger ist. Und will noch einmal Gold machen. So. Vor den Augen des Gerichts. Und das Gericht so...

Anna Bühler: Geil! Eine kostenlose Zauber-Show. Da bin ich dabei.

Christian Alt: Am 3. Oktober 1929 beginnt die Prüfung im Münchner Hauptmünzamt. Und Franz Tausend wird gründlich durchgecheckt. Der musste sich ausziehen. Haare wurden gelaust, Mund wurde durchgespült, Nägel wurden geschnitten.

Anna Bühler: Da ist nirgendwo ein kleines grümelchen Gold.

Christian Alt: Und sogar unter den Augenlidern wurde geschaut, ob da jetzt Gold ist. Und nach der Prüfung startet dann seine Show. Er hat dann so 1,67 Gramm Blei vor sich. Nach wenigen Minuten überreicht Franz dem Sachverständigen eine Feingoldmenge von 0,95 Gramm. Okay.

Anna Bühler: Und jetzt bin ich gespannt. Wie hat er das hingebogen?

Christian Alt: Niemand weiß, wie er das geschafft hat. Aber es gibt eine Vermutung, und zwar, dass das Gold in einer Zigarettenpackung versteckt war. Diese wurde auch geprüft. Aber dann wurde entdeckt, dass das Steuersiegel nicht beschädigt war. Man ging halt davon aus, dass die Packung unberührt war. Aber wir wissen nicht genau, wie er es geschafft hat. Also das ist die naheliegendste Vermutung, dass er irgendwie dieses Stiegel manipuliert hat, um dann doch was rein zu tun. Aber einfach ein Magician. So Franz Tausend. Der Staatsanwalt, August Schäfer heißt der, der braucht zwei Jahre, um Beweismaterial gegen ihn zu sammeln. Das Problem ist halt, dass er ganz viele Zeugen vor sich hat, die sagen ich wurde nicht geschädigt. Weil das sind ja die Nazis, die die Geldwäscheanlage betrieben haben. Und die so, ja ich hatte keinen Schaden. Nee, nee, nee, das war alles legit.

Anna Bühler: Das ist aber jetzt auch mal meine Frage gewesen. Weil ich stell mir jetzt vor, dass dieser Typ betreibt seit ein paar Jahren diesen komischen Kellerchemie-Baukasten da. Wird unterstützt von Nazis. Irgendwie wissen wir alle, er hat da irgendwie eine riesen Lüge am Staat und natürlich kann er kein Gold herstellen. Andere Leute glauben immer dabei und stecken Geld rein und werden dann betrogen. So. Das heißt dann irgendwann wird er verhaftet dafür, dass er Leute betrogen hat, die Geld reingesteckt haben und so weiter. Dann muss doch auch auffallen, dass da ein Haufen, wahrscheinlich keine Ahnung, wieviel waren das? Zehn, zwanzig Leute ihn unterstützt haben damit. Und da auch, sagen wir mal, kriminelle Machenschaften im Hintergrund passiert sind.

Christian Alt: Du, also ich, man hat doch damals im Geschichtsunterricht gesagt, dass das Recht immer auf dem rechten Auge blind war auch in der Zeit und so. Hitler war ja auch wegen dem Putsch auch nur anderthalb Jahre im Knast. Und es gab dann, jetzt verlasse ich das gesicherte Terrain meiner Recherche und begebe mich. Und es reicht der Spekulation. Und es reicht der Dokumentar. Ich hab mir eine Doku geschaut, aber ich war vielleicht auch bekifft und habe halb geschlafen. Auf der Ebene sind wir jetzt. Ich glaube, dass es da auch eine große Durchmischung gegeben hat zwischen Rechtsstaat und diesen Leuten. Weil du hast halt irgendwie die größten Industriellen des Landes und halt den fucking General von damals und so. Und dann ist man glaube ich schon so ein bisschen vorsichtiger.

Anna Bühler: Die willst du nicht verschrecken.

Christian Alt: Bevor man die nächstes unterstellt, dass sie hier in sehr, sehr kriminelle Machenschaften involviert waren. Aber natürlich eben in dieser zweiten Phase seines Geschäfts, als es da so ganz groß aufgebaut wurde, hat er auch viele Kleinanleger oder normale Leute auch einfach geprellt und um sehr viel Geld gebracht. Also es hilft aber alles nichts. Er wird trotzdem verurteilt. Weil es dann eben Gutachter gibt. Endlich mal richtige Experten, die sagen ich hab noch nie so was Dummes gesehen. Das kann nicht funktionieren. Oder Leute, die sagen hey, das ist ein 1A Betrüger und ich hab zum Beispiel, es gab mal so eine Phase, da wollten sie dieses ganze Businessmodell zu den Faschisten nach Italien bringen. Und da hat irgendwie einer ausgesagt, wo sie praktisch ihm den Pitch gegeben haben. So, hey, das funktioniert nicht, aber so. Tu so. Tu so. Genau. Und dann ist so, das ist ein voller Betrüger, ich war dabei. Und so verknacken die den.

Anna Bühler: Endlich, es musste doch irgendwann passieren. Es kann ja nicht sein, dass 100 Leute dann diese Lüge mitspielen.

Christian Alt: Genau. Am 5. Februar 1931 wird 1000 wegen Betrugszahler, Haftstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verurteilt. Und schon nach seiner Verhaftung ist er echt berühmt tatsächlich in der Weimarer Republik. Weil so, großer Fall, da sind große Namen involviert und so. Und auch dieser Traum ist irgendwie, ist ja auch ein cooler Traum.

Anna Bühler: Klar, Gold machen, ne?

Christian Alt: Und du hast dann auch so einen Typ, der, ne, du hast unter die Augenlieder geschaut und hat's trotzdem irgendwie geschafft. Also so dieses vielleicht hat er's doch. Vielleicht kann das doch. So. Genau. 1933 wird er entlassen. Geht die Geschichte echt sang und klanglos zu Ende. Beginnt er sofort, wie mit dem Goldmachen, aber bleibt erfolglos. Er hält sich da mit kleineren Betrügereien über Wasser. 1938 wird er nochmal zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt und stirbt 1942 im Landesgefängnis Schwäbisch Hall. Eine einzige coole Zeitnote, die ich noch gefunden hab, ist, dass in den 80er Jahren sollte die Geschichte verfilmt werden. Mit Falco in der Hauptrolle.

Anna Bühler: Gradios.

Christian Alt: Ganz geil. Das hätt ich mir wirklich angesehen.

Anna Bühler: Auf jeden Fall. Richtig geil.

Christian Alt: Hätt ich Bock drauf gehabt. Auf jeden Fall. Ich hab irgendwie jetzt bei dieser Geschichte nochmal gemerkt, das merk ich eh immer in diesem Format, dass so ein bisschen gesundes Selbstvertrauen einen über die größten Wellen, die das Leben einem so entgegenwirft, schon drüber tragen kann. Einfach nicht drauf scheißen, einfach machen und einfach ein bisschen sein wie Franz Tausend. Vielleicht mit weniger Leute betrügen und so.

Anna Bühler: Aber das hab ich auch gedacht. Also es ist wirklich so für Leute, wie ich, würde ich jetzt mal damit einschließen, wo man sagt, ich kann ja nicht irgendwie Menschen betrügen mit einer Lüge. Ich weiß ja, dass ich nicht gold machen kann. Aber einfach mal 20 Jahre so tun. So einfach so Imposter mäßig durchs Leben gehen. Also vielleicht kann man auch so ein bisschen was von so Leuten lernen. Ich sag aber jetzt nicht, dass ihr andere Menschen bescheißen sollt. Aber manchmal kann man auch mal eine Schippe mehr so tun als ob, weil vielleicht irgendwie hilft das an gewissen Stellen.