Anna und Christian umweht diesmal der leise Hauch von Anarchie: Tatjana Leontieff studiert eigentlich Medizin. Die russische Revolution wühlt sie aber sehr auf, und sie beschließt, den russischen Innenminister zu töten. Leider klappt das nicht so gut. Sie hat den Mann nämlich noch nie vorher gesehen - ihr ahnt, was da passiert...

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Transkript der Folge

Anna Bühler Neulich hat mir ein Bekannter von uns einen Screenshot geschickt von seinem Instagram Profil und da war eine Frau drauf, die kannte ich nicht. Die sagt fast eins zu eins aus wie ich. Kennst du das? Es ist auch schon mal passiert.

Christian Alt Ich habe unter einem Doppelgänger gelitten. Sehr gelitten.

Anna Bühler Der sah so aus wie du. Der hieß.

Christian Alt Der sah so aus wie ich. Der war auch ungefähr so groß wie ich. Der kam aus einem Nachbardorf, was ja alle kennen. Und ich war so 17, 18 oder so, und er sagt mir ganz, ganz ähnlich. Und meine Mutter hat irgendwann ein Bild von ihm gesehen und war so ein Tag lang sauer auf meinen Vater, weil sie dachte Na ja.

Anna Bühler Das ist aber wirklich ein bisschen doof.

Christian Alt Ja, es war wirklich toll. Ja, das war wirklich. Und er.

Anna Bühler Wollte das gerade absurd vor, dass er genau.

Christian Alt Das Ding ist. Dann wurde meine Mutter auf der Arbeit mal angesprochen. Von einem Kollegen. Du, ich habe deinen Sohn gesehen am Wochenende. Aber der war ganz schön betrunken. Und dann war das mein Doppelgänger.

Anna Bühler Das ist. Das war unglaublich. Hast du ihn jemals getroffen und gesagt Los, ich habe.

Christian Alt Den den troffen? Aber ich habe mal über Facebook geschrieben. Ja, 15 Jahren oder so, vor zehn Jahren. So, da war ich betrunken, als ich sieben geschrieben habe.

Anna Bühler Also ich hab da auch ein paar Sachen gesagt, Das ist doch du.

Christian Alt Und da habe ich mir geschrieben Hör auf, ein Doppelgänger zu sein, Sehe jetzt anders aus.

Anna Bühler Hat er geantwortet.

Speaker 3 Ja. Farina Ja.

Anna Bühler Aber da erzähle ich dir auch die Geschichte einer verhängnisvollen Verwechslung.

Christian Alt Von Kugel und Niere.

Speaker 3 Darwin gefällt das. Der History Podcast über die Big Fails der Menschheitsgeschichte.

Anna Bühler Aber nach jedem Sprung ist er wohl ein Stück mehr davon überzeugt, dass seine Idee sehr gut ist.

Christian Alt Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Mit Anna Bühler und Christian Alt. Hier ist eine Tüte. Kannst du da mal bitte reinschmeißen? Ich nehme ihn mittels Labor.

Anna Bühler Natürlich macht er das nicht. Der sagt, hier ist ein Glas. Und. Heute die tödliche Verwechslung. Christian Diese Geschichte fängt an mit einem Mord. Und zwar sind wir in einem Hotelrestaurant. Es ist der 1. 09., also der 1. September 1906, das Grand Hotel in Interlaken, also in Bern, in der Schweiz. Und in diesem Speisesaal sitzen am Abend mehrere Menschen an den Tischen und genießen das wahrscheinlich sehr gute Essen. Dort, In diesem etwas gehobenen Hotel und in diesem Speisesaal an einem Tisch sitzt auch eine junge Dame, und völlig unvermittelt steht sie plötzlich auf, nimmt eine Pistole aus ihrer Tasche und schießt dreimal auf einen Mann am Nebentisch. Das totale Chaos bricht aus. Niemand weiss, was hier gerade passiert, warum diese Frau plötzlich aus dem Nichts auf den Mann am Nebentisch schießt. Der liegt dann schon am Boden. Die Frau guckt sich noch mal an und schiesst noch viermal. Peng, peng, peng, peng! Von ihr hängt.

Christian Alt Er.

Anna Bühler Dann unter die Pistole, schreitet langsam durch den Saal, will Richtung Ausgang gehen. Und natürlich kann sie ja vorstellen Die Leute sind so was passiert dir Scheisse, die verstecken sich. Der Mann auf dem Boden ist natürlich tot. Blut um ihn rum. Alle laufen durcheinander, möchten fliehen, weil sie wissen ja nicht, was hier los ist. Und Kellner stürzen sich auf die Frau, wollen sie überwältigen. Die leistet aber überhaupt keinen Widerstand. Sie gibt die Waffe auch ab und sagt Alles in Ordnung. Ich werde mich nicht wehren. Das war hier alles richtig. Ja, und diese Frau wird abgeführt. Und jetzt fängt das große Rätselraten an, weil niemand weiß, warum und wer und wieso hier gerade ein Mann erschossen wurde. Also diese Frau, die die Pistole gezogen hat und geschossen hat, die ist zwar in diesem Hotel eingecheckt, das merkt man relativ schnell, Das finden die im Hotel relativ schnell raus. Das ist die Frau Stafford aus Schweden. Das Problem ist aber die Frau sofort aus Schweden, die gibt es nicht.

Christian Alt Okay, ich bin so was von investiert gerade. Also mit dem Mord anzufangen ist immer geil, immer geil. Grand Hotels Supergeil Anfang 20. Jahrhundert. Also, die reiche Gesellschaft ist komplett auf den Kopf gestellt. Okay, genau.

Anna Bühler Das ist genau tatsächlich dieser Kosmos. Reiche Gesellschaft. Es passiert ein Mord. Also, die Frau ist irgendwie eine Unbekannte. Man merkt schnell, dass eine Frau ist einfach aus Schweden. Das hat sie hier nur angegeben. Es gibt aber keine Ausweispapiere. Man findet auch auf dem Zimmer nichts, also keinen Pass oder so, Scheint irgendwie ein Pseudonym zu sein. Sie hatte sich vorher mit einem anderen Mann, also einem Herrn Stafford, eingecheckt. Der ist aber schon längst weg, Der ist ein paar Tage zuvor schon wieder verschwunden. Es scheint also irgendwie eine Art Deckname zu sein. Und außerdem sie hat sich, ja, hat er angegeben, sie sei Schwedin. Sie hat aber einen russischen Akzent, da passt irgendwie nicht alles zusammen. Also, es gibt hier einen rätselhaften Mord und zwei große Fragen, nämlich Wer ist diese komische Frau? Warum hat die keine richtige Identität? Und warum hat sie völlig unvermittelt auf den Mann am Nebentisch geschossen, einen einfachen französischen Geschäftsmann, der jetzt erst mal alles weiß?

Christian Alt Kein berühmter Politiker, keinem einfach so? Von Randow tut.

Anna Bühler Randow gut, der da saß, und sie kamen aus Frankreich.

Christian Alt Deswegen wurde.

Speaker 3 Diese.

Anna Bühler Rolle, die de Charles Müller hieß, der aber da hatte das auch keine Feinde oder so, also das war alles so ein bisschen random, random. Aber lass uns noch kurz an diesem Tatort bleiben. Also das Geschehen haben wir jetzt gehört, was da passiert ist. Und ich finde, eigentlich habe ich die ganze Zeit gedacht, es so der der perfekte Start für so einen richtig durchschnittlichen True Crime Podcast.

Christian Alt Warte, ich schaue mal kurz auf Wikipedia und dann dieses hier vor, was da passiert. Okay, ich improvisiere mal was. Es war ein düsterer September Nachmittag. Trotz DVDs glitt die Treppe hinunter in ihrem.

Speaker 3 Mund.

Anna Bühler Auf einer langen Schleimspur, auf einer großen Schnecke, die sie meistens die Treppe runter rief.

Christian Alt Sie stand. Sie setzte sich hin, der Revolver in ihrer Tasche. Sie prüft nun noch einmal, ob wirklich acht Kugeln drin waren. Und dann sah sie ihr Ziel. Charles Müller hast du, glaube ich.

Anna Bühler Ja, genau.

Christian Alt Charles Müller saß am Nebentisch. Sie stand auf und ging.

Speaker 3 Peng, peng! Rein.

Christian Alt Und dann noch viermal Tackling.

Speaker 3 Peng, peng, peng!

Anna Bühler Wir machen das hier ein bisschen schneller. Gut. Wir gehen jetzt mal der ersten großen Spur nach. Nämlich? Ich habe erzählt, dass es so ein bisschen so einen merkwürdigen Twist gibt. Sie gibt vor, Schwedin zu sein, hat aber irgendwie ein russischen Akzent. Und es ist 1906. Also das sind sozusagen die ersten Spuren, die ich dir erst mal gebe. Welche Doku hast du dazu gesehen? So 1906 Russland, Ich mach das. Macht das eine Tabelle?

Christian Alt Also wir hatten ja vor ein paar Folgen hier schon mal eine ähnliche Situation, und zwar so einen großen Überfall. 1907 war der glaube ich, der von Lenin und Stalin geplant wurde, wo sie eine Bank überfallen haben, um die Revolution zu finanzieren, die sie ein paar Jahre später machen werden.

Anna Bühler Das ist die Folge über den Putsch.

Christian Alt Über Alexander Bogdanov, Genau die Blut Austausch Folge. Vielleicht ist es ja so was, dass sie irgendwie so eine Agentin war, des von Lenin, die dann diesen Geschäftsmann umbringt, weil der unterstützt den Zar in Russland oder so?

Anna Bühler Also ein paar wichtige Stichpunkte sind gefallen, nämlich russische Revolution und klar Zaren, Russland, also Russland, das regiert wird von einem super autokratischen Zar zu der Zeit, den mehrere intellektuelle Revolutionäre versuchen zu stürzen und eigentlich versuchen, das russische, autokratische.

Christian Alt Ja.

Anna Bühler Autokratische System zu stürzen. Und das ist genau die Zeit, in der auch dieser Mord stattfindet. Also eigentlich ist ja in ganz Europa gerade große revolutionäre Gedanken machen sich breit. Marx Theorien vom Kommunismus werden diskutiert, breiten sich aus, aber in Russland sieht es eben um die Jahrhundertwende. Also wir sprechen jetzt vom frühen 20. Jahrhundert, auch Ende des 19. Jahrhunderts noch so aus Es gibt wahnsinnig viele Bauern, sehr, sehr viel Landwirtschaft und demgegenüber eigentlich eine. Natürlich viel kleinere gesellschaftliche Schicht, aber eine viel machtvolle, nämlich die reichen, wie auch von der autokratischen Regierung profitieren, die natürlich dieser Regierung zugewandt sind, das heißt also dem Zar dienen und versuchen, dieses System auch zu erhalten. Und die vor allem diese Bauern ausnehmen. Also man muss es dir vorstellen. Tatsächlich, diese Bauern werden extrem vom Staat abgezockt, die haben eigentlich gar keine Rechte. Wenn sie also in einem Dorf leben und da ein Land betreiben, also ein Feld betreiben oder so was, dann haben die nicht mal Eigentumsrechte auf dieses Feld. Also den gehört nicht mal das, was sie bewirtschaften, sondern sie haben lediglich Nutzungsrechte auf diese Ländereien.

Christian Alt Also klingt ja richtig angenehm.

Anna Bühler Und hier treten jetzt die revolutionären Russen auf. Da gibt es zu der Zeit, also Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts, mehrere Gruppen, die sich so herauskristallisieren, die eigentlich eine soziale Revolution wollen, also das Gegenteil von dem, was das Zarenreich die ganze Zeit macht. Und eine, die ich jetzt hervorheben möchte, die heute besonders wichtig wird, sind die Nachhut. Nici sagt dir was?

Christian Alt Ähm, nee. Also ich kenne nur die, die Bolschewiki und die Menschewiki, die dann später in der Oktoberrevolution total entscheidend werden. Aber die roten Nicki Nicki ist glaube ich, so eine. Das sind die Menschen, die dazu also so so eine Abkürzung für die Gruppe X. So, also Nicki sagen jetzt.

Anna Bühler Die formieren sich so 1860 1870 rum und das sind eigentlich, wie ja viele andere Revolutionäre auch, das sind Intellektuelle und die wollen auch wie viele andere Revolutionäre auch, das kapitalistische System abschaffen. Vor allem glauben die aber, dass die Bauern dafür Dreh und Angelpunkt sind, also dass die so ein Teil der Gesellschaft sind und eben auch kein kleiner Teil, sondern ein sehr großer, der sie zu diesem Ziel führen kann, ein sozialistisches System aufzubauen. Sie wissen aber auch die Bauern selber können sich nicht wehren. Die haben zu wenig Mittel, haben auch zu wenig Bildung. Das heißt, die, die denken, wir gehen jetzt zu den Bauern hin, sagen denen, wie es eigentlich ideal laufen würde, zeigen auch so das ist hier Doofe, die gerade ist. Und wenn wir ihnen helfen, dann checken wir es schon und dann können wir die Revolution Revolution von unten quasi starten.

Christian Alt Okay, läuft.

Anna Bühler Ja. Das Wichtigste, was wir machen müssen, ist, die Bauern zu überzeugen. Das heißt also, irgendwie das Vertrauen dieser Leute zu gewinnen. Und das ist natürlich schwierig, weil die Intellektuellen sind jetzt wahrscheinlich weniger Menschen vom Land. Die wohnen in den großen Städten in Sankt Petersburg oder in Moskau Und kannst dir vorstellen, wenn die dann irgendwie auf zehn Stunden mit einer Kutsche ins Hinterland reisen und dann mit ihren ganzen Klamotten ankommen und sagen Liebe Leute, ich habe hier ein sehr dickes Buch gelesen, das ist Marx und ich lese euch nun mal einen Satz vor, der über mehrere Seiten geht. Sie kommen nie so gut an, also muss man irgendwie sich da anders das Vertrauen erschleichen.

Christian Alt Das ist so, als würde ich jetzt heute mit so einer, mit so einer Brust Beutel Tasche irgendwie ins ins Brandenburger Hinterland fahren und sagen Hey Leute, habt ihr schon mal ein bisschen überlegt, ein bisschen mehr Volk zu sein.

Anna Bühler Und erst mal weniger Fleisch? Das geht also.

Christian Alt Also. Und warum habt ihr eigentlich so ein Diesel hier? Was soll das denn? Welche Fahrten müssen machen? Warum fahren die nicht mit dem eBike?

Anna Bühler Genau so wie Credibility braucht man. Darum geht es doch. Ja, also die fahren dann tatsächlich aufs Land und lassen ihre schicken Klamotten zu Hause, gehen vor allem an die Fundgrube und holen sich so ein paar Arbeiter Klamotten.

Christian Alt So eine Latzhose.

Anna Bühler Sorry, wo sind hier die Klamotten?

Christian Alt Thema Bauer Die haben ja immer so Jeans an, wenn man einfach mal so ein paar Löcher genau so rein. So so Mike, macht man das so, sieht das so wie.

Anna Bühler Ansatz und dann so optisch malerisch durch die dann durch die Erde, dann ist besser. Ja, also dieser kleiden sich tatsächlich so ein bisschen blöd als Bauern, fahren dahin und sagen okay, wir müssen halt einer von ihnen werden. Die Idee, dass sie so eine Leitfigur da raussuchen, ist total gut. Das machen sie aber nicht direkt. Sie gehen eher so als Masse dahin und versuchen dann eben zum Beispiel mit den Bauern auf den Feldern zu arbeiten. Das ist echt so ein bisschen peinlich und dann halt so du, wo wir hier so Kartoffeln gemeinsam aus ausstechen, hier so ein Flugblatt, das ich irgendwie in meiner Hosentasche hatte. Schau mal und der andere so, ich.

Christian Alt Kann nicht lesen.

Anna Bühler Da würde ich gerne lesen.

Christian Alt Okay, ich kann auch vorlesen.

Anna Bühler Genau. Und dann so Ich verstehe aber nicht, was du sagst. Also die haben sozusagen, die machen wir investigativ. Journalist der der Burger King gearbeitet hat.

Christian Alt Die Wallraff sich da.

Speaker 3 Aha. Genau.

Anna Bühler Weil sie sich dadurch aber irgendwie fällt. In Europa parallel. Der angeklebt ist noch ein bisschen Scheiße irgendwie. Ja, genau. Sie versuchen, vorsichtig zu sein, weil Sie sind ja auch. Ich meine, das sind Revolutionäre. Russland ist eine fucking Autokratie. Alles. Sobald du gegen diesen gegen diese Regierung schießt, bist du Staatsfeind Nummer eins. Das heißt, du musst ja eigentlich auch vorsichtig sein, sonst wirst du verhaftet. Sonst ist die Polizei hinter dir her. Genau das passiert dann auch. Also in diesen Dörfern kommt dann immer mal wieder, kommen immer wieder Beamte und merken okay, hier sind irgendwelche komischen Leute, die sich einschleichen, die revolutionäre Gedanken unter den einfachen Leuten verbreiten. Das versuchen sie zu unterbinden. Ich mache die lange Geschichte jetzt kurz. Das wird alles nix. . Also die Mission, die ist gescheitert. Die revolutionären Intellektuellen haben es nicht geschafft, diese die Bauern und Menschen vom Land auf ihre Seite zu bringen. Das heißt also, genau die müssen sich was Neues überlegen, um ihre soziale Revolution voranzutreiben. Und das ist dann auch die Zeit, wo diese Aufstände beginnen, die ja auch zum Teil richtig gewaltsam niedergeschlagen werden. Auch die Ideen der Roten und der Revolutionären an sich werden immer Gewalt voller gewalttätiger. Eine andere Gruppe, die na ja, woll, ja, die bringen sogar den Zaren Alexander den zweiten dann um, und zwar bei einem Bombenattentat. Also du merkst, die Mittel von wir verkleiden uns als Arbeiter zu. Ähm, ja, wir gehen mal richtig vor hier, die werden schon, die werden schon härter. Aber sie glauben, so kommt man zum Ziel.

Christian Alt Wie bei den Sozialistischen Studentenbund und der RAF. Also so, also du hast da so eine Gruppe und dann gibt es eine radikalisierte Abspaltung davon.

Anna Bühler Sie bringen Leute um, aber nicht um in erster Linie, um Leute umzubringen, sondern vor allem um Aufmerksamkeit für ihr eigentlich großes Ziel zu gewinnen. Also für die Idee, eine sozialistische kommunistische Revolution voranzubringen. Das Problem ist nur, dass natürlich die Gegner dieser Bewegung sagen Das ist einfach nur Terror.

Speaker 3 Ja klar.

Anna Bühler Logisch.

Christian Alt Aber wenn ich jetzt weiß, auch mein Bauchgefühl gewesen.

Speaker 3 Es auch.

Anna Bühler So auch mein Bauchgefühl. Die Revolutionäre sagen aber, es geht hier um das Große, es geht um die wichtige Message. Es geht darum, den Kapitalismus und die Autokratie zu stürzen. Und das ist alles für einen guten Zweck. Hier ist alles.

Christian Alt Für den guten Zweck, so der Red News Day des Terrors.

Anna Bühler Sternstunden, sagt eine Anhängerin dieser Novotny. Nici heißt Tatjana Leoni.

Christian Alt TF Das ist die Frau vom Anfang.

Anna Bühler Und es ist die Frau vom Anfang. Exakt das ist die Frau, die im Hotel in der Schweiz diesen Mann scheinbar wahllos erschießt. Tatjana lehrt uns jetzt also ganz kurz nur zu ihrer Geschichte, die es 1884 in Russland geboren. Das ist die Zeit, in der sich diese revolutionären Gruppen langsam formieren, in der auch erste Aktionen stattfinden, in der auch schon erste Attentate tatsächlich passieren. Und es ist so eine Zeit, die die russische Revolution, eigentlich also die große russische Revolution Anfang des 20. Jahrhunderts, dann wiederum vorbereitet. Du musst dir vorstellen, 1905 beginnt eigentlich das russische Zarenreich zu zerbröckeln. Das hat aber eigentlich schon Jahrzehnte vorher angefangen.

Christian Alt Ja, und es heißt ja auch wenn Sie nicht.

Anna Bühler Sicher, ob ich das richtig verstanden, Ja, ich auch nicht, sorry.

Christian Alt Das heißt ja auch wenn Sie 18 84 geboren werden, dann gibt es diese Gruppen schon ganz lang. Wir reden hier eigentlich über 50 Jahre, mindestens. Wo es richtig scheiße läuft, in Russland fand und Leute sich immer mehr dagegen auflehnen. Und alles, was sie am Anfang gehört haben, ist eigentlich nur die Kulmination von dieser ganzen Sache.

Anna Bühler Ja, und das krasse, was ich so spooky finde, sind Jahrzehnte, wie du sagst. Und in diesen Jahrzehnten gibt es natürlich nicht nur einen Zahn, sondern es gibt, ich glaube, in dieser Zeit sind es drei. Also Alexander der erste, der zweite und Nikolaus der zweite. Und keiner ändert, was.

Christian Alt Ich habe die Leute ist mir egal. Kann ich bitte noch einen Papagei haben?

Anna Bühler Wie viele Ponys sind auf meinem Hof und könnten das Meer werden?

Christian Alt Achte Kaviar ist dieses Jahr wirklich schlecht.

Anna Bühler Also warten wir auf nächstes Jahr. Hoffen wir auf nächstes Jahr. Wer hat diesen KW hergestellt? Diese dummen.

Speaker 3 Bauern.

Anna Bühler Trägt man immer Steuern hoch. Tatjana ist eigentlich jetzt. So objektiv betrachtet könnte sie sich aber eigentlich für diese Revolution auch nicht so interessieren, weil sie es eigentlich aus einem sehr guten Haus Sie ist Tochter eines Geschäftsmannes, also einer reichen Familie. Den geht es gut. Sie wird sogar auf ein Internat in der Schweiz geschickt und darf in Lausanne Medizin studieren.

Christian Alt H Die Schweiz.

Anna Bühler Und die Schweiz. Ding, ding, ding. Aber eigentlich denkt man sich so okay, warum sollte sie sich gegen die russische Regierung wehren? Weil der geht es auch gut. Also hat es persönlich keine Probleme. Allerdings lernt sie in der Schweiz einen jungen Mann kennen, der überzeugter Sozialist ist. Und der erzählt ihr auch schon über ihre Überzeugungen. Scheine Ich liebe sie auch ein bisschen Marx vor und erzählt Ja, hier, meine Freunde sind übrigens Revolutionäre und machen dies und das.

Christian Alt Einfach so Karl Marx und.

Anna Bühler Karl Marx und Silver.

Christian Alt Wobei es ein bisschen Karl Marx war. Dann mach ich hier noch, lege ich noch eine Platte von Bolero auf oder so eine Rolle. Das wäre dann von Maurice Ravel und dann geht es los Hier.

Anna Bühler Das ist für Sie der erste Kontakt zu einer sozialistischen Idee und sie ist völlig geheilt davon. Und irgendwann geht sie mit ihrer Mutter zurück nach Sankt Petersburg. Also wieder raus aus der Schweiz, zurück nach Russland. Das ist dann Mitte 1890, da regiert dann Zar Nikolaus der Zweite und der ist wirklich so wurst of the West aller Zaren. Sein Titel ist persönlich Kaiser und selbst Herrscher von ganz Russland. Also auch ein Typ, der nicht viel stapelt, der wirklich für die Unterdrückung bekannter ist als kaum ein anderer. Und das ist Tatjana ja dann auch. Ja, der Moment, wo sie diese kleine Flamme, die sie in der Schweiz mitbekommen hat, so richtig aufdreht. Also diese Umgebung zurück in Russland zu sein, wo es so vielen Menschen so scheiße geht und einer so abartig über so viele herrscht, gibt total Öl ins Feuer und ihre Überzeugungen flammen so richtig auf. Und dann ist Tatjana auch bei einem sehr, sehr, sehr wichtigen Ereignis dabei. Am 22. Januar 1905, Nämlich jetzt wir Anfang des 20. Jahrhunderts. Da findet der Petersburger Blutsonntag statt. Russland hat gerade im Krieg gegen Japan verloren. Der ist ein harter wirtschaftlicher Schlag für Russland. Es bedeutet eigentlich für die normalen Arbeiter und den kleinen Mann noch mehr Leid. Es gibt noch mehr Korruption im Land, noch mehr Widerstand von Intellektuellen. Jetzt doch endlich mal was zu ändern. Die kämpfen ja schon seit mittlerweile fast 40 Jahren dafür. Kommunisten und Anarchisten gehen also immer mehr auf die Barrikaden. Und diese Unzufriedenheit, die entlädt sich an diesem Blutsonntag am 22 Januar 1905. Arbeiter aus Werften und Fabriken, Webereien usw streiken an diesem Tag in Sankt Petersburg und sie machen einen Sternmarsch, einen Demonstrationszug aus ihren Arbeitsstätten, ihn auf ein Ziel, nämlich hin zum Winterpalast. Das ist der Sitz des Zaren in Sankt Petersburg. Das alles muss man dazu sagen, friedlich. Also die haben keine Waffen dabei, die machen keinen krassen Lärm. Die gehen relativ friedlich auf diesen Zaren Palast, auf diesen Winterpalast zu. Sie wollen relativ einfache Dinge, menschenwürdige Betriebsbedingungen, vielleicht mal eine Agrarreform, vielleicht mal, Hey, so könnte ich vielleicht so ein Feld auf besitzen. Diese Kugel. Das Problem ist, diese Demonstrierenden, die kommen nicht weit, weil auf dem Weg während ihres Marsches auf den Winterpalast, So stoßen sie auf eine Front an Soldaten in schwarzen, langen Mänteln. Die richten die Gewehre auf die Arbeiter und ballern einfach so richtig über. Und es sterben natürlich hunderte Menschen. Also je nach Quelle sind es ein paar 100. Und manche Quellen sprechen auch von um die 1000 Menschen, die da einfach echt grundlos niedergeknüppelt werden. Und Tatjana ist eben bei diesem Blutbad an diesem Tag in Sankt Petersburg dabei. Sie sieht also das Grauen. Sie sieht die Ungerechtigkeit. Diese junge Frau ist sowieso schon infiziert von dieser Idee, dass das in Russland, was nicht richtig läuft, dass der Staat ohne Grund oder zumindest aus falschen Gründen gegen die falschen Leute losgeht. Und das ist ja das Ereignis, das für sie alles klar macht, was sie auch wahnsinnig traumatisiert. Wie man sich vorstellen kann. Und sie beschließt eben jetzt nicht mehr nur diese Idee zu feiern, nicht mehr nur mitzulaufen. Sie will jetzt selber Revolution machen. Sie will aktiv dabei sein. Und schließt sich diesen Social Revoluzzern an.

Christian Alt Also das erinnert mich alles total. Ich habe eben schon gesagt, das ist wie die RAF, also erinnere mich wirklich an die RAF und hier in der RAF Geschichte wäre es der Mord an Benno Ohnesorg und das krasse runter knüppeln von Protestanten. Als der Schah dann in Berlin ist Ende der 60er. Er kann man alles machen bei Burger Burn auf. Ne, aber es ändert nichts. Wirklich total. Also diese Radikalisierung der Geschichte, dass das kann ich mir richtig, richtig gut vorstellen, dass das ein Erlebnis ist, das jemanden wirklich auf die Art springt.

Anna Bühler Ich kann mir auch gut vorstellen. Und auch wenn ich natürlich nicht mit der RAF oder Terroristen sympathisiere, ist es bis hierhin ja eine Geschichte, die man total nachvollziehen kann. Also wenn du so was siehst und das einfach nicht fassen kannst, dann weißt du, du kannst nicht weiter in diesem Staat leben, ohne dagegen vorzugehen. Sie beschließt also eben keine Mitläuferin mehr zu sein. Sie will aktiv dabei sein. Und das ist natürlich klar. In Russland bist du damit sofort Staatsfeind. Vergrätzt, sobald du dich dieser Bewegung aktiv anschließt in den Fokus der Behörden. Und drei Monate nach dem Blutsonntag ist sie eben auch ein Name auf der Liste der Polizei. Die kommt zu ihr nach Hause, durchsucht die Wohnung von Tatjana Leons Chef und findet in einem Körbchen Sprengstoff. Also möglicherweise hat sie irgendwas vorgehabt, vielleicht hat sie es auch schon eingesetzt. Sie wird dann tatsächlich verhaftet. Die Polizei sagt, sie wäre an Gewalttaten, an Attentaten schon beteiligt gewesen und will sie wegsperren. Sie kommt ein paar Tage in die Peter und Paul Festung. Das ist so eine Festung in Sankt Petersburg. Das gibt es auch heute noch, ist mittlerweile UNESCO Weltkulturerbe, damals eines der übelsten Gefängnisse Russlands, wahrscheinlich Europas. Da sind ganz viele politische Gefangene.

Christian Alt Der übelste Knast der Welt, der.

Anna Bühler Der war.

Christian Alt Der.

Anna Bühler Knast.

Christian Alt Der Jugendliche im Herzen, Knast der Welt.

Anna Bühler Und dann so Schwenk, Bild und so ein Typ, der mit so einem Kerl mit so einem Stock an den angefangen und dann so lang knabbert. Na ja, also tatsächlich sitzen ja auch zum Teil politische Gefangene, werden hier festgenommen. Maxim Gorki saß hier eine Zeit lang, Auch der Bruder von Lenin war hier inhaftiert. Also wenn du da reinkommst, schaffst es normalerweise nicht mehr raus. Außer du heißt Tatjana. Und ja, von außen super einflussreiche Familie. Ja, weil ihr Onkel ist nämlich Kammerherr des Zaren. Und er sagt so Hey.

Christian Alt Mein privates.

Anna Bühler Hallo. Und tatsächlich wird sie freigelassen. Kommt also irgendwie dieser russischen Regierung noch mal davon. Klar ist aber, sie kann nicht in Russland bleiben, weil sie ist jetzt auf der Liste. Das ist eine Frage der Zeit, bis die wieder aus irgendwelchen zwielichtigen Gründen festgenommen wird. Zwielichtige Gründe. Sprengstoff gefunden? Ja, es ist eine Frage der Zeit, bis sie wieder der Herr sind. Sie geht also auch mit Ihrer Mutter zusammen wieder zurück in die Schweiz?

Speaker 3 Ja.

Anna Bühler Sie geht zurück in die Schweiz, in die Nähe von Genf. Sie studiert hier auch wieder für sie. Eigentlich wieder ein sehr gutes Leben, führt aber auch so ein Leben undercover. Also eigentlich ist sie auf den ersten Blick eine total angepasste Bürgerin. Sie kleidet sich gut und sie weiß es so ein bisschen zu verstecken, dass sie eigentlich radikalere Gedanken hat. Ein Jahr nach dem Blutsonntag, also im September 1906, checkt sie zusammen mit einem Mann ins Grand Hotel in Interlaken ein. Sie nennen sich Mister and Misses Stafford. Sie sagen, sie kommen aus Schweden. Und eines Abends ist genau diese Frau im Speisesaal des Grand Hotels und schießt auf einen unschuldigen Geschäftsmann im Speisesaal.

Christian Alt Aber was hat der denn mit Russland zu tun, dieser Charles Müller oder wie der heißt der Geschäftsmann?

Anna Bühler Das ist jetzt der Punkt. Ich habe ja schon gesagt, es geht heute um eine Frau, die. Einer grundsätzlich nachvollziehbaren Idee anschließt, die für Gerechtigkeit in ihrem Land kämpft und das Zarenreich bekämpfen möchte, die diese Idee aber auch grundsätzlich falsch interpretiert und vor allem einen sehr, sehr großen Fehler macht. Diesen Fehler am Ende aber nicht einsieht, weswegen sie es in unseren Podcast geschafft hat.

Christian Alt Yeah!

Anna Bühler Warum bringt sie also diesen französischen Business Typen hier um? Gehen wir kurz zurück in den Speisesaal. Tatjana ist hier in diesem Grand Hotel zu Abend. Die ist ja gerade erst aus Russland wieder zurück. Sie weiß, dass es jederzeit irgendwie möglich ist, dass die russischen Behörden sie wieder wegsperren. Sie sind dauernde Alarmbereitschaft, hat wahrscheinlich wahnsinnig dünne Haut. Und sie entdeckt am Nebentisch einen Mann, und der bringt sie völlig aus dem Konzept. Also, der Typ sieht aus wie Pjotr. Pjotr. War das ein schwieriger Name?

Christian Alt Peter.

Anna Bühler Peter. Wie Pjotr Donovan. So einfach wie Pjotr. Nur nouveau. Und das ist der Innenminister Russlands. Man muss sich vorstellen, Im Augenwinkel sieht sie diesen Typen. Denkt. So fragt der russische Innenminister. Das ist der Mann, der von sich sagt, er sei der Einzige, der die Revolution zerschlagen könnte. 1000 Gedanken müssen dieser Tatjana in dem Moment durch den Kopf gegangen sein. Ist er hier, um mich zu holen? Warum sitzt er am Nebentisch? Wann schlägt er zu? Wann von verhaftet er mich? Und dann vielleicht auch der Gedanke Wenn ich dem zuvor komme, dann ist es meine Chance, als Heldin der russischen Revolution Geschichte zu schreiben. Also überlegt sie wahrscheinlich nicht lang, nimmt ihre Pistole aus der Tasche, zieht die Waffe, schießt auf diesen Typen, von dem sie überzeugt ist, dass es Pjotr Donovan ist, was sie erst später checkt, dass es der gar nicht. Das ist nicht der russische Innenminister. Das ist Charles Müller, französischer Geschäftsmann. Was meint, was sie jetzt dazu sagt?

Speaker 3 Oh Gott.

Anna Bühler Sie hat den unschuldigen Menschen umgebracht, von dem sie dachte, dass es einer ist, der sie verfolgt, der sie zurück nach Russland.

Christian Alt Aber das ist doch aber diese Wahnvorstellung, so zu denken, dass so eine unbedeutende höhere Tochter jetzt vom Innenminister in die fucking Schweiz verfolgt wird, ist doch eine Wahnvorstellung.

Anna Bühler Vielleicht schätze ihre Rolle größer ein, als sie am Ende war. Kann sein. Und als sie damit konfrontiert wird mit dem Fakt, dass sie gerade einen völlig fremden Mann erschossen hat, der wahrscheinlich nichts gemacht hat, außer dazusitzen und zu essen, sagt sie Ja, und ob ich jetzt Pjotr oder Charles oder warum egal wen umbringe, ist doch scheißegal, der eine tote Geschäftsmann war. Dann hat er ja auch zum Kapitalismus beigetragen, also geschieht es ihm absolut recht, die abgeknallt worden zu sein.

Speaker 3 Ja.

Anna Bühler Das ist so ein bisschen das Ding, wo sie auf jeden Fall, wenn sie nicht sowieso schon wegen ihrer Methoden so ein bisschen durchgerutscht ist, die letzte Sympathie verliert. Funfact Übrigens, auch das ist so Irak Terror.

Christian Alt Funfact mit einer.

Anna Bühler Funfact, der Sie auch so ein bisschen äh, na ja, ich erzählen einfach Terror Frauen Fakt zu Tatjana. Und jetzt das eigentliche Ziel, was? Sie hatte fünf Jahre Donovan, den hat sie noch nie gesehen. Also die wusste nicht mal, wie der aussieht. Es gab keine Fotos von den Typen, die hatte noch nie irgendwie das Gesicht von dem gesehen. Das Einzige, was sie kannte, waren Karikaturen. Und der Typ am Nebentisch sagt ungefähr so aus wie so eine Karikatur vom russischen Innenminister. Zack, geht bei ihr der Film los und sie zieht die Knarre.

Christian Alt Das gibt es nicht. Ja, Das ist nicht dein fucking Ernst.

Anna Bühler Ja. Also.

Christian Alt Cool.

Anna Bühler Jetzt wissen wir auch, warum sie nicht in einer Reihe mit großen russischen Revolutionären genannt wird, die das Zarenreich gestürzt haben, sondern warum es nur wenige Artikel über sie im Internet gibt. Über einen kleinen, doofen Vorfall im Grand Hotel in Interlaken in der Schweiz. Darwin gefällt. Das ist eine Produktion von Kugel und Niere mit Christian Alt und Anna Bühler. Herstellung. Einleitung. Schalker Taktik. Produktion Elisabeth Fey.