Wenn man im Russland der 20er Jahre von Stalin finanziell unterstützt wird, dann muss man auch liefern. Alexander Bogdanow würde eigentlich viel lieber Science-Fiction-Romane schreiben, aber er hat Stalin die Verjüngung der kompletten Sowjet-Spitze versprochen, durch Bluttransfusionen. Bogdanow ist überzeugt, dass gesunde Menschen vom Blutaustausch profitieren können. Und macht voller Euphorie und Forschergeist Versuche an sich selbst.

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Transkript der Folge

(dieses Transkript wurde automatisch generiert)

Christian Alt: Ja, Anna, in der heutigen Geschichte geht es um Bluttransfusionen. Ich bin da privat so ein bisschen so prickly so drauf. Ich bin mal umgekippt, das ist schon sehr, sehr lange her.

Anna Bühler: Beim Blutabnehmen.

Christian Alt: Beim Blutabnehmen bin ich einfach so, pam, umgefallen und so. Deswegen habe ich da ein bisschen Angst vor. Aber ich habe mir gerade gedacht, ich will die Reichweite, die wir haben, mal ein bisschen nutzen für eine gute Sache. Weil ich wusste, ich weiß nicht, ob du wusstest, dass in ganz Deutschland die Blutkonserven alle gehen. Also Menschen spenden zu wenig Blut. Und ich habe mir jetzt vorgenommen, ich springe jetzt über meinen Schatten, auch wenn ich Angst habe vom Blutabnehmen. Ich gehe jetzt hin und spende Blut und versuche diese Konserven ein bisschen wieder aufzufüllen. Und vielleicht kann ich ja eine Person hier noch inspirieren, das mir gleich zu tun und auch Blut zu spenden.

Anna Bühler: Das finde ich eine gute Sache. Ich habe das bisher auch erst einmal in meinem Leben gemacht. Ich wollte es dann zu Corona-Zeiten nochmal machen, weil da war es nämlich auch schon so, dass die Konserven weniger wurden. Dann war es aber tatsächlich so, dass es bei meinem Blutspendezentrum zu großen Andrang gab und dann gab es erst in drei, vier Monaten wieder einen Termin. Aber erkundigt euch, das ist ja einfach rauszufinden, wo man in eurer Nähe Blut spenden kann. Das ist immer eine gute Sache.

Christian Alt: Wichtigste Frage für mich ist da, ich habe gehört, es gibt einen Keks, wenn man Blut spendet.

Anna Bühler: Ist das wahr? Ich glaube, ich habe echt einen Traubenzucker oder so etwas bekommen danach. Weil die Schiss haben, dass du wirklich dein Umfeld hast, weil man ja ein bisschen schwindlig werden kann, wenn man Blut abgenommen kriegt. Und ich habe so einen Traubenzucker gekriegt. Also das ist ein Anreiz. Außerdem ist es ein Moment, du sitzt da, dann wird gezapft und da kann man wirklich, das sind so wie beim Wartezimmer. Du kannst in der Zeit eigentlich nicht viel machen und das ist eigentlich auch so ein Moment, um herunterzufahren und zum Beispiel sich ein Buch mitzunehmen oder so. Das ist irgendwie eine gute Auszeit.

Christian Alt: Oder mehr Folgen Davin gefällt-dass zu hören.

Anna Bühler: Oder so.

Christian Alt: Ich habe es schon gespoilert, es geht in dieser Woche um einen Mann, der versucht hat, das ewige Leben zu finden, indem er Bluttransfusionen macht. Von Kugel und Niere. Davin gefällt-dass. Der History-Podcast über die Epic-Fails der Menschheitsgeschichte.

Anna Bühler: Aber nach jedem Sprung ist er wohl ein Stück mehr davon überzeugt, dass seine Idee sehr gut ist.

Christian Alt: Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Mit Anna Bühler und Christian Alt. Hier ist eine Tüte. Kannst du da mal bitte reinscheißen? Ich nehme mit ins Labor.

Anna Bühler: Natürlich macht er das nicht. Er sagt, hier ist ein Glas.

Christian Alt: Heute der kleine Vampir. Heute habe ich eine Geschichte über jemanden, bei dem ich wirklich traurig bin. Wirklich wirklich traurig bin, dass man den nicht kennt. Weil ich habe in dieser Recherche so viel gelernt. Wirklich wirklich viel gelernt. Aber er ist bei uns heute in dieser Sendung, weil er einen sehr sehr dummen Tod hatte. Und wir fangen genau damit jetzt mal an.

Anna Bühler: Es ist außergewöhnlich, dass wir jemanden haben, der generell erst mal sympathisch ist, weil viele Leute, die wir bisher in diesem Podcast von denen wir erzählt haben, das sind oft Leute, die einfach arschlöcher waren auch und nicht zu unrecht in den Geschichtsbüchern sind. Finde ich cool, dass es mal anders ist.

Christian Alt: Ja, also der, über den wir heute sprechen, der hat eigentlich eher nur Pech gehabt. Mehr oder weniger. Der hat richtig Pech gehabt. Es ist der 24. März 1928. Und wir sind in Moskau. Oh. Ich stelle mir das so vor, dass die Person, um die es heute geht, so ein bisschen ungeduldig aus dem Fenster schaut. Am Fenster steht nämlich Alexander Bogdanov. Draußen tragen die Menschen so fette Pelzmäntel. Der Frühling, der fängt in Moskau erst so wirklich Mitte April an. Es ist also immer noch schweinekalt. Und ich stelle mir das so vor, dass er dann im Fenster steht und der Atem so die Fenster beschlägt.

Anna Bühler: Die Zwiebelnächer sind noch in Eis gehüllt.

Christian Alt: Genau. Und vielleicht macht er auch ein bisschen so an dem Fenster. So. Weil er ist nämlich ungeduldig. Er wartet auf einen Probanden, der ihm heute bei einem Experiment zur Seite stehen soll. Nämlich Alexander Bogdanov will sein Blut mit dem Blut dieses Probanden tauschen. Nämlich wir sind hier in seinem Institut, das Institut für Bluttransfusionen. Und Alexander Bogdanov will mit seinen Experimenten die Grundlage für einen neuen Menschen legen. Denn wenn wir nicht nur Produktionsmittel, Nahrung, Energie, sondern auch Blut teilen, dann haben wir eine wirklich kommunistische Gesellschaft. Was er nicht weiß, das hier ist das letzte Mal, dass er so aus dem Fenster schauen kann. Denn an diesem Experiment, da wird er sterben. Bogdanov wird 54 Jahre alt. Das, was ich hier gerade erzählt habe, das ist so ein bisschen die Kurzvariante von Bogdanovs Leben. Das ist das, was du immer liest, wenn du seinen Namen googelst. Der steht dann auf Seiten mit Listicles von wegen, die 10 absurdesten Tode. Oder, du wirst nicht glauben, wie dumm diese Leute waren. Lol. Oh Gott. Natürlich hast du halt dieses fehlgeschlagene Bluttransfusionsexperiment. Das ist schon bizarr und das steht da auch zu Recht. Aber das ist nicht alles, was von Alexander Bogdanov bleiben sollte. Weil ich bin, habe ich eben schon gesagt, während der Recherche in so einen richtigen Kaninchenbau gefallen. Und dann habe ich mir immer wieder gedacht, hä? Das hat der Typ auch noch gemacht? What? Daran hat er auch noch geforscht?

Anna Bühler: Wirklich? Und daran ist er nicht gestorben?

Christian Alt: Nee. Also diese Reduktion dieses Typen auf diesen kleinen Fehler, der am Ende seines Lebens passiert, der wird ihm eben nicht gerecht, weil Alexander Bogdanov war einer der schlausten Menschen seiner Zeit. Ohne Scheiß. Ein wirkliches Genie. Und so ging es nicht nur mir mit dieser Überforderung, sondern auch unserer Expertin für heute, Margarete Vöringer.

Speaker 2: Alexander Bogdanov war mein komplizierter Fall.

Christian Alt: Inwiefern?

Speaker 2: Ja, weil er so unglaublich viel gleichzeitig gemacht hat. Unglaublich viel gleichzeitig gelesen hat, Institutionen gegründet hat, selber geschrieben hat, Demonstrant war, über Kunst nachgedacht hat. Also einer der letzten universal Gelehrten war und dabei zugleich in Arbeiterkreisen aktiv, also auch ständig sozusagen die soziale Klasse gewechselt hat.

Anna Bühler: Was machst du? Ich habe nicht ganz verstanden, was für eine Expertise sie hat.

Christian Alt: Sie ist eigentlich Kunsthistorikerin und hat aber ihre Dissertation unter anderem über Alexander Bogdanov geschrieben und ist jetzt heute, Achtung, geilster Jobtitel der Welt, Professorin für Materialität des Wissens an der Universität Göttingen. Die kümmert sich um Nachlässe und was von Menschen geblieben ist, die Denker waren. Und die hat über die Kunst der Zeit von Alexander Bogdanov schreiben wollen und ist dann aber, genau wie ich, in dieses Rabbit Hole reingefallen, hat gemerkt, oh mein Gott, dieser Typ, der hat ja alles miteinander in Verbindung gesetzt. Dieser Typ hat eben Natur, Gesellschaft und eben Politik alles miteinander immer gesehen. Der hat immer gedacht, okay, das gehört alles irgendwie zusammen, alle diese Systeme arbeiten irgendwie zusammen. Du bringst auch eine der begründete Systemtheorie. Wow, krass. Genau. Und das macht ihn halt so unwahrscheinlich komplex, dass man überall so seine Fingerabdrücke sieht, aber das gibt kein kohärentes Bild irgendwie. Also der Typ hat einfach in jedem Pott mal rumgerührt, sozusagen, den es so gibt.

Anna Bühler: Also man kann nicht sagen, hey, der ist Alexander Bogdanov, dieser Naturwissenschaftler oder Alexander Bogdanov, dieser Künstler oder Alexander Bogdanov, dieser Geisteswissenschaftler.

Christian Alt: Der hat alles gemacht. Der hat dafür alles gemacht. Aber alles auf extrem hohem Niveau. Ich erzähle dir jetzt alles. Das kommt jetzt alles an. All right. Geboren wird er 1873 in Sokalko.

Anna Bühler: Warte, ich mach's mir ganz kurz noch gemütlich. Ja. Okay, jetzt.

Speaker 2: Sorry.

Christian Alt: Also geboren wird er 1873 in Sokalko. Das ist so eine mittelgroße Stadt im äußersten Nordosten Polens. Hat heute um die 20.000 Einwohner also nichts Großes. Sein Vater ist Lehrer in der Dorfschule, seine Mutter war Hausfrau und dann macht er im russischen Tula 1892 seinen Gymnasiallabschluss. und er schreibt dann irgendwann in seiner Autobiografie, dass er es richtig scheiße fand in der Schule. Also diese Zeit, da merkt man schon, das fängt ihm an zu arbeiten. Der fand das richtig scheiße. Der fand die Schulzeit wie, Zitat, ein Absitzen von der Strafe im Gefängnis. So fand er seine Schulzeit. Das liegt vor allen Dingen an ein paar Sachen. Also damals gibt es das Zarenreich in Russland und die Zagen, die haben ein riesiges Land zu verwalten, kriegen das aber alles irgendwie nicht hin. Anscheinend in den 1890er Jahren gibt es zum Beispiel eine riesige Hungersnot in Russland und die Verwaltung war so desorganisiert, die haben es einfach nicht hingekriegt da Leuten Brot zu geben und einfach rüber zu karren. und da sind einfach 500.000 Menschen gestorben. Unter anderem eben aufgrund dieser mangelnden Verwaltung und eben in diesem autokratischen System, in dem der junge Bogdanoff dann da aufwächst. Dann sitzt er eben dann in der Schule und fragt sich, es muss doch eine bessere Möglichkeit geben, eine Gesellschaft zu strukturieren. Es muss doch anders möglich sein.

Anna Bühler: Und ich so in der Schule wahrscheinlich im selben Alter, krass voller lange Popel. Ich würde es immer so beeindrucken, wenn Leute schon so, okay, gut du denkst das, war man mir anders.

Christian Alt: Er fängt dann tatsächlich an Karl Marx zu lesen und eben die Sozialisten der damaligen Zeit. Und er fängt an tatsächlich auch während seiner Schulzeit, sich um die Arbeiter zu kümmern, damals in Tula. Mit Freunden geht er jetzt nicht irgendwie saufen oder so, sondern er gründet eine Schule für Arbeiter in seiner eigenen Heimatstadt. Er will nämlich, dass die selbstständig werden, dass die selbst lernen zu denken, sich befreien können aus ihren Arbeitsverhältnissen. Und diese Frage beschäftigt ihn eigentlich sein ganzes Leben. Der denkt sein ganzes Leben über eine Frage nach, und zwar, wie schaffen wir es, unsere Gesellschaft so zu strukturieren, dass wir alle gemeinsam weiterkommen? Der denkt immer an alle Leute. Der ist totaler Gegner von Hierarchien, hasst er sehr. Wenn irgendjemand über einem anderen steht, findet er richtig scheiße. Und das bestimmt eigentlich so sein ganzes Denken.

Anna Bühler: Ist natürlich dann für ihn blöd, dass er eigentlich in Russland aufwächst? Oder wieder strebt ihn wahrscheinlich zu 1000 Prozent? Zu 1000 Prozent!

Christian Alt: Da versucht er so sein Leben zu leben, tut z.B. Naturwissenschaften in Moskau, legt sich aber dann direkt mit der Unileitung an und wird verwiesen. Der russische Geheimdienst ist sogar bei ihm auf den Fersen und sagt so, hey, finden wir nicht so cool, was du machst? Und dann wird er von der Uni geschmissen, man muss woanders weiter studieren. Und das, stelle ich mir so vor, war wie so ein einschneidendes Erlebnis. Also da gibt es eigentlich, wenn du von der Uni geschmissen wirst, und der Geheimdienst ist hinter dir her, geht es eigentlich stets an einem Scheideweg. Weil du könntest jetzt sagen, oh krass, ich habe mir gerade mal die Finger in der Herdkarte verbrannt. Genau.

Anna Bühler: Ich bleibe jetzt lieber unauffällig und fühle mich.

Christian Alt: Ich werde jetzt Arzt, und er lernt zu der Zeit auch seine Frau kennen, mit der er sein ganzes Leben lang zusammen bleiben wird. Natalia heißt, das ist eine Krankenschwester, die nicht studieren darf, obwohl sie sehr, sehr schlau ist. Weil sie Frau ist? Weil sie eine Frau ist. Und dann das bei ihm im Hinterkopf so, Hierarchien, Hierarchien, fickt euch alle. Fühlt auch nochmal dazu, dass er da auch nochmal mehr Zunder geben will. Also es gibt eben die eine Möglichkeit, entweder ich halte meinen Kopf unten oder Vollgas. Und Alexander bockt dann auf Vollgas. Ich würde jetzt gerne mal einen kleinen Zeitsprung machen. Wir gehen jetzt praktisch aus den 1890er Jahren, da wo er studiert hat und wird jetzt Arzt. Springen wir jetzt einfach mal ins Jahr 1908. Er hat sich ganz klar für eine Seite entschieden, nämlich Vollgas. Er weiß, er muss was verändern, die Gesellschaft irgendwie weiterbringen. Und dann fängt er noch an, während seines Studiums Bücher von Lenin zu lesen. Und die beiden werden tatsächlich dicke Freunde.

Speaker 2: Weil er nämlich mit Lenin, da die mir Elidz Lenin befreundet waren, mit diesen Ferien gemacht hat. Parteiprogramme geschmiedet hat und sich philosophische Kämpfe geliefert hat. Also die haben Bücher gegeneinander geschrieben. Aber waren die dann einer Meinung?

Christian Alt: Die waren komplett gegenseitiger Meinung, aber haben sich respektiert.

Anna Bühler: Es gibt so die eine geile Anekdote.

Christian Alt: Borg-Danov schreibt so Anfang des 20. Jahrhunderts ewig an einer alles erklärenden Theorie. Und schickt die dann seinem besten Freund Lenin. Und Lenin so, was ist das für ein Scheiß? Und schreibt drei Notizbücher voll mit einer Gegenrede nur zu diesem Buch von Bogdanov. Schickt ihm das. Bogdanov sieht das und sagt, okay, ich bin dafür, dass wir unsere Freundschaft retten. Ich tue jetzt so, als hätte ich das nie gesehen. Aber voll der Ehrenmove eigentlich.

Anna Bühler: Ja, total. Die Freundschaft ist dann doch wichtig, aber die Freundschaft ist eigentlich so befeuert durch die sichereibereien.

Christian Alt: Apropos Freundschaft, also hier ist zum Beispiel so ein Bild, eines der bekanntesten Bilder von Lenin auch. Kannst du mal beschreiben, was du siehst? Ja.

Anna Bühler: Ah ja, okay, man sieht Lenin. Also es sind drei Männer auf dem Bild und zwei spielen Schach. Der rechte ist Lenin? Der rechte ist Lenin und links ist nämlich ein Bogdanov.

Christian Alt: Genau.

Anna Bühler: Lenin schreit oder lacht oder gähnt, also er hat seinen Mund weit aufgerissen. Und Bogdanov schaut sehr konzentriert auf die Schachplatte. Genau.

Christian Alt: Das Foto entsteht 1908 im Exil. Das sind die beiden schon in Finnland, weil also Bogdanov war auch mal im Knast tatsächlich. Und bittet dann um Flucht nach Finnland, weil das Zahnreich echt so ist. Leute, komm, geht uns nicht auf den Sack. Haut ab, geht nach Finnland, macht da euren Kram. Aber tatsächlich arbeiten die im Exil weiter am Umsturz eigentlich des Zahnreiches. Und sie spielen nicht nur Schach, sondern sie rauben auch Banken aus.

Anna Bühler: Das man halt so macht. Ja. Ja, fertig mit dem Schachspiel. Schachmatt, wollen wir Bank ausrauben? Übermachen wir.

Christian Alt: Genau so. Also tatsächlich planen die beiden einen der größten Raubüberfälle der ganzen Menschheitsgeschichte. Warum? 1907 ist das. Pass auf. Und zwar ist das der Bankraub von Tieflis. Und die beiden stehlen, also die sind die Auftraggeber aus dem Ausland, die stehlen 250.000 Rubel. Das sind heute, inflationsbereinigt, 3,96 Millionen Dollar. Also so richtig viel Geld.

Anna Bühler: Aber ich check nicht, warum?

Christian Alt: Um die Bolschewicken, also ihre Strömung des Sozialismus weiter zu finanzieren. Die brauchen Geld für Flyer, für einen Drucker, für eine BeepWorld Seite. Die brauchen einfach für ein geiles Logo, mit Klippert und so.

Anna Bühler: Auch für mal eine coole Tagung, um so ein schönes Hotel mal zu mieten.

Christian Alt: Genau, mal so ein bisschen, weißt du so, kennst du diesen Eistee, diesen Krümel-Eistee? Ja, genau. Aber auch Zitrone und Pfirsich dann?

Anna Bühler: Genau, ja.

Christian Alt: Dann lassen die sich mal richtig gut gehen.

Anna Bühler: Ein dicken Medigel.

Christian Alt: Dafür brauchen die Kohle, um eben den Umsturz des Systems voranzutreiben. Und klauen eben in Tieflis, deren Auftragge 3,96 Millionen Dollar. Der Typ, der das klaut, heißt Josef Cukasvili. Und der raubt praktisch dort eine ganze Postkutsche aus, mit Bomben, sterben Menschen. Das ist wirklich hardcore. Und dieser Josef Cukasvili wird später übrigens auch eine große Rolle in der Menschheitsgeschichte spielen. Später ist er bekannt unter einem anderen Namen, nämlich Josef Stalin.

Anna Bühler: Nein! Krass! Okay, ich wusste überhaupt nicht, dass der Firma einen anderen Namen hatte. Hat er sich Josef Stalin selber ausgesucht, als alter Ego?

Christian Alt: Ja, du hast Lenin und dann hast du nach Lenin ins Tod Stalin.

Anna Bühler: Okay, krass. Wahrscheinlich haben die Ehrenwerte Ziele. Ich nehme es mal an, das System zu stürzen, ist zu der Zeit vielleicht...

Christian Alt: Also ist jetzt nicht so cool.

Anna Bühler: Was ich auch nicht so cool finde, ist, dass man Banken ausraubt und irgendwie da Raubmord begeht. Lässt den Typen jetzt in meiner Sympathie so ein bisschen absacken.

Christian Alt: Ja, das verstehe ich. Vielleicht kann ich dir damit weiterhelfen. Also er ist schon ein sehr, sehr politischer Mensch. Er denkt wirklich den Bolzremismus vor. Er ist ein krasser Vordenker. Aber zu der Zeit ist er nicht nur mit der Planung von irgendwelchen Raubüberfällen beschäftigt, sondern eben auch mit dem Schreiben eines Romans.

Anna Bühler: Aber er braucht Stoff. Er braucht Stoff einfach. Das ist so wie jeder gute Schrittsteller. Der begibt sich einfach auch in eine tricky Situation, um einfach geile...

Christian Alt: Ne, ne, ne, ne. Er schreibt nämlich den ersten Science-Fiction-Roman, der jemals in Russland gedruckt wird.

Speaker 2: Ja, was Bogdanoff dann gemacht hat, nachdem diese Bauernrevolution 1905 gescheitert ist, war, einen Science-Fiction-Roman zu schreiben. Den ersten, der in Russland veröffentlicht worden ist, der Rote Stern 1908, in dem er dann das erste Mal versucht hat, einen alternativen Kommunismus zu beschreiben und dort auch schon die gesellschaftlichen Elemente in eine Idealbeziehung zu versetzen, in der, um es kurz zu machen, Kunst, Natur, die Naturwissenschaften, die Politik und Sozialwissenschaften auf einer Ebene sozusagen gleichberechtigt nebeneinander institutionell existieren und immer wieder interagieren müssen, um einen optimalen und gerechten Gleichgewichtszustand in der Gesellschaft herbeizuführen. Also es dürfte keine Hierarchien geben.

Christian Alt: Genau. So kann man es kurz zusammenfassen. Er hat geträumt von der Welt ohne Hierarchien. Und das war auch sein großer Streit, den er hatte mit Lenin. tatsächlich, weil Lenin war so vollkommen unrealistisch. Wenn wir hier mal die Macht übernommen haben, dann wird es schon noch Hierarchien geben. Ist ja dann auch so gekommen, tatsächlich. Deswegen hat er die ganze Handlung seines Romans auf den Mars verlegt. Deswegen ist das Buch Der Rote Stern, wo er praktisch so eine Fantasywelt erdacht hat, die 250 Jahre unserer Welt voraus ist. Und tatsächlich ist das, wenn man irgendwie so ein bisschen Sci-Fi- und Physik-Fan ist, total interessant, was er damals schon gedacht hat, weil das Raumschiff wird durch Minusmaterie angehoben. Also heute würde man wahrscheinlich Antimaterie sagen. Damals hat noch niemand darüber nachgedacht. So die Steuerung ist ein Düsenantrieb, radioaktive Teilchen bündelt und so. Einfach so wirklich abgefahrener Stuff schon für 1908. Aber warum erzähle ich dir überhaupt, dass er so einen Roman schreibt? Erzähl dir deswegen, dass er einen Roman schreibt, weil das für das weitere Leben und unsere Story sehr, sehr wichtig ist. Nämlich in diesem Roman kommt 1908 schon die Idee der Bluttransfusionen vor. Und zwar nicht in der Form, wie wir sie heute kennen, weil heute, wenn du eine Bluttransfusion kriegst, dann gehst du irgendwie, keine Ahnung, nehmen wir an, Gott bewahre, du hast einen Unfall, Knock on Wood hier, hast einen Unfall und dann blutest du und dann gehst du ins Krankenhaus, wird gefragt, welche Blutgruppe hast du? Und kannst vielleicht noch sagen, A, B, wie mein Name, Anna Bühler. Keine Ahnung, welche Blutgruppe du hast, Anna. Ich weiß auch nicht.

Anna Bühler: Echt jetzt? Ich weiß es nicht. Weißt du deine Blutgruppe?

Christian Alt: Muss ich nachschauen, mein Gesundheitspass.

Anna Bühler: Ja gut, ich hab sie auch auf irgendeinem Pass stehen, aber den hab ich jetzt nicht bei mir gerade.

Christian Alt: Ich glaube B. I don't know. Auf jeden Fall. Auf jeden Fall, okay. Und dann bekommst du einfach so Blut, damit dein Leben gerettet wird. Er hat das ganz anders gedacht, weil Bluttransfusionen waren damals wirklich noch genauso Sci-Fi-mäßig wie Düsenantriebe radioaktiv mit Antimaterie und so. Nämlich erst 1901 werden überhaupt die Blutgruppen entdeckt. Also wir haben es so ein paar Jahre danach, dass man überhaupt verstanden hat, wie Blut überhaupt funktioniert, was da eigentlich alles drin ist und so.

Anna Bühler: Und dass es nicht immer dasselbe ist.

Christian Alt: Dass es nicht immer dasselbe ist. Und er hat halt gedacht, wenn man Blut tauscht, also wenn wir jetzt beide Blut tauschen würden, dann würden wir uns auch Charaktereigenschaften gegenseitig geben. Okay, okay. Also um es kurz zu machen, jetzt ins Politische gewendet, wenn ein Kapitalist und ein Kommunist Blut miteinander tauschen, dann wird aus dem Kapitalisten ein Kommunist vielleicht, weil der Kommunismus ist die bessere Idee. Deswegen wird diese Eigenschaft dann praktisch übergeben und überschrieben.

Anna Bühler: Aber wird der andere dann nicht ein Kommunist? Tauschen die nicht einfach zu 100%? Nee, nee, nee, nee.

Christian Alt: Ach so. Eher so die stärkeren Sachen setzen sich durch.

Anna Bühler: Okay, so Darwin dann so ein bisschen.

Christian Alt: Genau, genau.

Anna Bühler: Okay.

Christian Alt: Und so hat er es tatsächlich gedacht, dass man einfach Dinge übergeben kann an andere Menschen. Wenn das alle machen, miteinander, kannst du eine ganze Gesellschaft irgendwie stärker machen.

Anna Bühler: Na ja, oder halt gleich machen. Das ist halt auch wieder so wenig sympathisch, die Idee.

Christian Alt: Okay, okay, ich merke schon, ich finde den eigentlich ganz sympathisch und spannend. Du bist eher so, ja, schon, schon depp.

Anna Bühler: Ich finde das, sagen wir mal, die Grundsätze, die in dieser Idee stecken, äußerst verschreckend. Und menschenunwürdig und ekelhaft.

Christian Alt: Ich erzähle dir mal, wie es mit dieser Blutidee weitergeht. Weil das ist das Problem in dem Leben von Alexander Bogdanov. 1908 schreibt er diesen Roman und dann passiert erst mal knapp 20 Jahre nichts. In dieser Zeit ist er wirklich dabei, avantgardistische Kunst zu machen. Er findet die Systemtheorie. Es ist der Krieg.

Anna Bühler: Wenn er heute leben würde, hätte er eine App gemacht oder ein komisches...

Christian Alt: Oder so ein Projekt.

Anna Bühler: So ein Projekt, hätte er.

Christian Alt: Ja, hätte vielleicht so ein...

Anna Bühler: Irgendwas mit Blockchain.

Christian Alt: Genau. Hätte sich ein Boot gekauft, um auf Despray rumzufahren.

Anna Bühler: Genau, ich habe auch gedacht, so denke ich auch an Boot.

Christian Alt: Nee, er macht halt super viele Sachen, die tatsächlich, wenn man in diesen Fachbereichen drin ist und sich da anschaut, was dahinter steht, mega spannend sind, aber die uns jetzt nicht weiter beschäftigen. Weil wir sind jetzt an dieser Blutgeschichte dran. Alles klar. So, ich mache jetzt deswegen einen großen Zeitsprung. Vom Jahr 1908 nach 1923. Wir schreiben jetzt sechs Jahre nach der Oktoberrevolution. Die Bolschewicken haben den Staat übernommen, die Sowjetunion ist gegründet, Lenin ist Regierungschef. Aber Anfang der 20er Jahre, da ist die erste Euphorie schon ein bisschen was her.

Speaker 2: Ja, also das war sein Ziel und das reagierte auf alles Mögliche in der Zeit. Also zum einen eben die Idee des Kollektivs, das musste entstehen. Man war nach der Russischen Revolution in einem Land des Durcheinanders. Etliche Menschen verschiedenster Kulturen sollten unter einem gemeinsamen gesellschaftlichen Dach zusammenkommen. Das Konkurrenzdenken der Zeit musste überwunden werden. Es gab extreme Mangelzustände, der Kriegskommunismus hatte die Bevölkerung geschwächt. Man konnte so allgemein immer wieder von dem sogenannten Sowjet Burnout lesen in der Presse. Den Begriff hat Bugdanoff auch benutzt. Da hat er gegen angekämpft, gegen die Erschöpfung der Menschen. Und das wollte er einfach durch diese Bluttransfusionen auffangen und ausgleichen.

Anna Bühler: Er wollte quasi diesen Sowjet Burnout bekämpfen mit der Bluttransfusion.

Christian Alt: Genau, indem er die Gesellschaft an sich stärker macht.

Anna Bühler: Was ist denn genau der Sowjet Burnout?

Christian Alt: Der Sowjet Burnout ist, du hast diese neue Gesellschaft gegründet und dann ist es aber alles nicht so geil, wie man sich das vorgestellt hat. Dann ist es so diese neue Welt, von der alle geträumt haben, dass die kommt nach der Revolution. Wird einfach eingeholt von der Realität, dass man jetzt doch mal noch auf die Arbeit gehen muss. Man muss dann doch noch irgendwie den Müll rausbringen. Es ist ja doch nicht als Wolken Kuckucksheim hier. Es ist halt nicht so geil.

Anna Bühler: Ja, aber das änderst du ja nicht, indem du den Leuten irgendwie Bluttransfrierst. Das änderst du ja, indem du ein geileres System schaffst.

Christian Alt: Das ist doch that simple. Ja, aber für ihn hängt das ja alles zusammen. Also er denkt, wenn ich jetzt die Menschen untereinander verbinde, die Hierarchien herabsenke, dann verändert sich auch das System automatisch. So von unten praktisch.

Anna Bühler: Okay, was verstehe ich.

Christian Alt: Er geht jetzt zu seinem alten Buddy Lene, in seinem Schach-Buddy und sagt so, okay, wir müssen jetzt was machen. Wir brauchen Bluttransfusionen, um die Sowjetunion zu retten. Lenin war zu der Zeit nur schon schwer krank. Der hatte einen Schlaganfall gehabt. Der war halb gelähmt.

Anna Bühler: War der trotzdem noch in der Macht? Mhm.

Christian Alt: Noch zwei Jahre. Wow. Man hat erst 2004 herausgefunden, wieso er so krank war. Und zwar hatte er eine schwere Syphilis gehabt, die nie behandelt wurde. Shit. Und dann meinte halt Bogdanov auch noch zu ihm so, hey, ja, also ich kann dir auch noch helfen. Einfach so Bluttausch, zack, zack, da bist du ein neuer Mann. Das funktioniert auf jeden Fall. Du tauschst einfach dein Blut mit dem eines jungen Menschen und dann funktioniert das.

Speaker 2: Es war ein Unfall und der Witz war, was Bogdanov wollte, waren zirkuläre Bluttransfusionen, was ja auch gesagt kam. Also dass immer ein jüngerer und älterer Mensch miteinander eine Transfusion machen. Und der Jüngere seine sozusagen die Elemente, die vitalen jungen Elemente des eines Blutes dem älteren übergibt. Dort ein Durcheinander entsteht, Störungen ausgelöst werden und das Blut des Älteren dann in eine Abwehrreaktion geht und dadurch weitere Abwehrkräfte entstehen würde. Genauso bei dem Jüngeren, der bekommt eben Antikörper durch die Transfusion in sein Blut zugegeben und hat dadurch einfach eine höhere Immunität gegenüber Krankheiten, die er möglicherweise noch bekommt.

Anna Bühler: Die Theorie ist ja super.

Christian Alt: Ja, also um das nochmal zusammenzufassen, der alte Mensch, der hat schon viel Scheiß erlebt in seinem Leben und der ist jetzt inzwischen immun gegen so ein paar Sachen. Und diese Immunität gibt er einfach weiter an den jungen Menschen und bekommt dafür im Gegenzug Vitalität und Kraft.

Anna Bühler: Vita-Kraft.

Christian Alt: Vita-Kraft.

Anna Bühler: Lecker Vita-Kraft.

Christian Alt: Daraus wird dann so ein ganzer Zirkel und wenn du das oft genug machst, dann ist eine ganze Gesellschaft jung, vital und immun.

Anna Bühler: Okay, aber man nimmt immer so Zweierkonstellationen, dass jetzt nicht so ein junger Mensch so richtig abgezapft wird.

Christian Alt: Ja, hör mal gleich drauf, wie diese Konstellationen aussehen. Seine Ideen gingen sogar noch weiter eigentlich.

Speaker 2: Also er war davon wirklich überzeugt auf einer medizinischen Grundlage und es passte einfach eben das Denken und die sozialen Zusammenhänge der Zeit. Und die Bevölkerung wollte er damit überzeugen, dass er eben sagte, wir haben kein medizinisches System wie im kapitalistischen Westen, weil wir kein Geld haben. Also müssen wir jetzt hier auf Tausch setzen. Das heißt, wenn jemand mit irgendeinem Problem zum Arzt geht, kann er in der Zukunft dieser Zeit Bluttausch angeboten bekommen und nichts dafür bezahlen.

Anna Bühler: Das ist der Mummy-Kreisel des frühen 20.

Christian Alt: Jahrhunderts. Das ist ja richtig geil.

Anna Bühler: Bluttausch.de. Ja, machen wir einfach Bluttausch. Hey Leute, ich bin die Iris. Ich hatte hier ein bisschen was anzubieten, hatte jemand Lust zu tauschen. Der Zwinker-Smiley. Ich hatte im letzten Sommer... Lustige Banane, die tanzt. Emoji.

Christian Alt: Du, ich hatte im letzten Sommer so eine ganz schlimme Malaria. War im Urlaub total schön. Südafrika, traumhaft. Traumhaft. Aber ich habe jetzt so eine Immunität. Kann ich die weitergeben?

Anna Bühler: Tausche Malaria-Immunität gegen Tetanus-Impfung.

Christian Alt: Gegen Corona wahrscheinlich.

Anna Bühler: Gegen Corona. Wer mag? Zwinker.

Christian Alt: Genau. Also ich finde diese Idee auch total abgefahren, weil da sieht man schon, wie der jetzt so gedacht hat. Also da hängt halt irgendwie alles dran. Du hast dieses medizinische Ding und davon ausgehend beeinflusst diese eine medizinische Sache aber die gesamte Gesellschaft und das gesamte andere System. Und tatsächlich, Lenin liegt da so rum, stell ich mir vor, halb gelähmt wie gesagt, und macht da so einen Daumen nach oben. Das Institut wird gebaut. Das Institut für Bluttransfusion wird gebaut. Und das ist eine der letzten Amtshandlungen von Lenin, weil danach ist er tot in 1924.

Anna Bühler: Und Bogdanoff so, ernsthaft, Alter. Okay, machen wir.

Christian Alt: Jetzt schnell. Nach den Turnen von Lenin übernimmt eben Stalin und Stalin auch so, ja, okay, macht ihr mal.

Anna Bühler: Ach, der war auch noch da und damit.

Christian Alt: Der kommt dann danach.

Anna Bühler: Frisch transferiert, bluttransferiert mit frischen Antikörpern in den Gliedmaßen.

Christian Alt: Ja, tatsächlich. Das ist im selben Gebäude gewesen wie so ein anderes super geheimes Forschungsministerium und so. Das war für die damals echt high-tech. Und ich kann ja eine Sache schon mal vorwegnehmen. Dieses Institut ist kein wirklicher Schmarrn, weil es ist auch dafür verantwortlich, dass im Zweiten Weltkrieg dann sehr, sehr viele Russen nicht gestorben sind, weil die Russen sehr, sehr viele Blutkonserven hatten, weil die so Grundlagenforschung gemacht haben. In den 20er Jahren haben dann entdeckt, dass man praktisch das Blut von Unfallopfern noch nehmen kann, um Blutkonserven daraus zu gewinnen. Und hatten dann im Zweiten Weltkrieg sehr, sehr viele Blutkonserven und konnten Leben retten. Crazy. Eine der Folgen aus dieser Geschichte. Aber wir sind ja noch ganz am Anfang. 1924 stirbt eben Lenin und 1925 ist dann dieses Institut endlich fertig. Und Margarete Förringer hat nicht nur Bücher gelesen, sondern die war auch da. Die war im Institut, das gibt es bis heute noch. Sie hat ja in den Archiven gearbeitet. Und da hat sie unter anderem ein handgeschriebenes Blatt von Bogdanov gefunden, das es bisher nicht in die offizielle Geschichtsschreibung geschafft hat. Da spricht Bogdanov eben nicht nur davon zwei Menschen zu tauschen, sondern zwölf.

Speaker 2: Man weiß nicht genau, für wen die Handschrift gedacht war, aber da war dann die Rede davon, dass nicht nur zwei Personen Bluttausch machen, sondern noch mehr. Also bis zu zwölf Personen könnten in so einer zirkulären Bluttransfusion miteinander in Verbindung gebracht werden. Und sollten dann dadurch, warum zwölf? kann ich jetzt auch nicht sagen, der hat die Technik und alles genauestens beschrieben, wie das funktionieren könnte. Und sollen dann eben dadurch ihren Bluthaushalt optimieren.

Anna Bühler: Heißt das also quasi, dass ich dann, wenn ich so Teil von so einer Gruppe war, von zwölf Personen, dass ich dann so ein Zwölftel bin? Oder heißt das immer der Nebenmann gibt weiter?

Christian Alt: Ich glaube der Nebenmann geht weiter, das ist ein klassisches Plump-Sack-System, so nennen die Mediziner das.

Anna Bühler: Das ist ein ganz bekannter Begriff, ja, auf Lateinisch.

Christian Alt: Genau, zirkulum plump-sackus. Ja, so heißt das. Wir haben auch echt viel Blut getauscht. Also Bogdanov tauscht ein Liter Blut jeweils. Wir haben so ein Mensch mit 70 Kilo, hat eigentlich fünf bis sechs Liter Blut. Da wird ja mal richtig schwindlig. Da wird dir mal richtig was abgepumpt. Also wenn du das eben machst, dann bist du dann in so einem Zirkel drin und dann hängen alle irgendwie aneinander. Und man tauscht so einen Munter vor sich hin. Jeder hat so einen Schlauch im Nacken. Ja, also für uns Leute ist das irgendwie total bizarr, aber für den war das damals so wirkliche Ernst und wissenschaftliches Interesse, wie das dann funktioniert und was dann da rauskommt. Er fängt eben 1925 an mit seinen Experimenten und tatsächlich einer der ersten Menschen, an denen er rum experimentiert ist, kein Geringerer als Lenins Schwester, die er auch sehr, sehr gut kennt, Maria Uljanova. Und die war schon Ende 30 und die dachte sich wahrscheinlich so, ja, hier so ein kleines Upgrade, ich lass mal meine Krähenfüße wegmachen oder so.

Anna Bühler: Wenn ich so viel aufgezogen immer in den Moskauer Wintern, die Leute sagen schon mal, die brauchen gar keine Schuhe. Guck mal, was die für dicke Füße hat. Das ist das erste, was ich mir jetzt machen lasse. Weil ich jetzt mehr wert bin einfach.

Christian Alt: Die Operation läuft so, die kommt da dahin und dann sitzen die in so einem Stuhl und dann wird praktisch hier so ein Zugang gelegt, noch so ein Ausgang. Vor dem Zugang läuft es praktisch in den anderen Reihen und von dem Ausgang. Ja, das erklärst du ziemlich gut. Ich glaube, wir können uns das ungefähr vorstellen. Ja, das haben wir glaube ich verstanden. Und dann sitzen die so ein paar Stunden rum, bis eben so ein Liter durchgelaufen ist, wie so eine Kaffeemaschine einfach mal. Das gluckert auch so, wie das Kaffee. Und die ersten Ergebnisse sind tatsächlich sehr vielversprechend.

Anna Bühler: Die sterben nicht, oder was?

Christian Alt: Die sterben nicht. Äh?

Anna Bühler: Ne. Okay.

Christian Alt: Er schreibt da noch 1927 direkt einen Text drüber und der heißt der Kampf um die Vitalität. Der berichtet ja zum Beispiel von einem 50-Jährigen, dem er das Blut eines 20-Jährigen gegeben hat und dessen Arbeitskraft sei gestiegen. Die Sehkraft habe sich verbessert und sogar das Schnarchen habe nachgeschrieben. Siehst du hier noch was vor? Also, Steigerung der Arbeitsfähigkeit, Selbstwertgefühl, Sehkraft, Gehör, Zunahme der allgemeinen Beweglichkeit, Nachlassen körperlicher Schmerzen, Verbesserung des Befindens bei Arteriosklerose, Rückgang grauer Haare, Nervensystem wird ausgeglichen, Reizbarkeit lässt nach und so weiter und so fort. So eine ganze Litanei an positiven Nebeneffekten. Die werden alle richtig gut im Bett. Und so, einer ist richtig gut im Bett, der ist richtig gut im Bett. Und dann ist es so, dass man sich dann auch mal wieder in die Hose kreiert. Und dann ist es so, dass man sich dann auch mal wieder in die Hose kreiert.

Anna Bühler: Die werden alle richtig gut im Bett. So, einer ist richtig reich geworden. auch, muss alles auf jeden Fall dran liegen. Der andere hatte vorher eine Leserechtschreibschwäche, nicht mehr, alles weg.

Christian Alt: Das ist ein bisschen wie, komm in die Gruppe, komm in die Gruppe, Mann, lass dein Blut tauschen, Mann, komm in die Gruppe.

Anna Bühler: Aber ich denke die ganze Zeit, so warum sterben die nicht? Hatte der einfach nur irre Glück, dass die irgendwie dieselbe Blutgruppe hatten und das so smooth funktioniert hat? Oder hat er da auch zum Beispiel vorher drauf geachtet oder so? Weil von der Grundidee kann man sich das ja vorstellen, dass vielleicht irgendwie, also ich habe keine Ahnung von Medizin, dass das aber irgendwie klappen könnte, wenn es halt abgestimmt ist.

Christian Alt: Genau, das hat auch um den Margarite Föring erzählt, dass es keine dumme Idee ist. Sagt auch der Leiter von dem Institut damals.

Speaker 2: Der Leiter, mit dem ich da drüber gesprochen habe, ist auch schon ein paar Jahre her, aber der damals das Institut leitete, war der Überzeugung, dass das alles funktioniert hat, was Burk Danow da gemacht hat. Und er nur noch nicht auf dem Wissenstand war, auf dem wir heute sind.

Christian Alt: Genau, also er hat wahrscheinlich, wenn es ihn selbst trifft, an die Stelle kommen wir gleich, da hat er wahrscheinlich nur Pech gehabt. Wir wissen nicht genau, was es war, dass es irgendwas in dem Blut dieses anderen Mannes gewesen sein muss, das ihm dann den Rest gegeben hat. Und wahrscheinlich, wenn er mit heutigen Mitteln dann nochmal draufschauen würde, komme ich auch gleich noch zu, dann könnte es funktionieren. Aber tatsächlich war Burk Danow damals sein bester Kunde sozusagen. Eins der Hauptversuchskanächen war immer er. Und Freunde von Burk Danow's Frau schreiben zum Beispiel, Burk Danow sei nach den Eingriffen sieben, nein, zehn Jahre verjüngt. Also wirklich, einfach nur ein fresher Motherfucker, the freshmaker.

Anna Bühler: Einfach so ein Coca-Cola-Leitmann plötzlich, der so am Fenster steht und Hormone, so wie es Hormone immer abzieht.

Christian Alt: Genau, genauso ist er dann plötzlich. Aber eben auch nicht lang, und zwar bis zum 24. März 1928. Das ist der Tag, an dem er stirbt, bzw. der letzte Tag, an dem er in seinem Institut ist. Es ist alles wie immer. Es kommt ein Proband, und zwar ein junger Student namens Kolto Massov. Und der wurde vorher abgelehnt für den Tausch, weil er Tuberkulose und eine latente Malaria hat. Aber Burk Danow will es machen, weil er sagt zu ihm, ich bin immun gegen Tuberkulose. Ich hatte Tuberkulose als Kind. Und wenn wir tauschen, dann bekommst du meine Immunität gegen Tuberkulose und du wirst geheilt.

Anna Bühler: Hat er quasi wirklich in dem Moment aktiv Tuberkulose?

Christian Alt: Ja.

Anna Bühler: Dann macht ihr das mal, ihr zwei. Das ist eine gute Idee. Ich mache die Tür zu, komme morgen wieder. Genau.

Christian Alt: Dann geht die Tür zu, dann tauschen die Blut.

Anna Bühler: Ob das so schlau war.

Christian Alt: Und dann zuerst ist noch alles super. Drei Stunden danach bekommt Burk Danow plötzlich Fieber. Sein Bauch schwillt an, sein Leber wird riesig. Das sind alles Anzeichen für eine innere Vergiftung. Seine Nieren geben langsam mit Geist auf. Er bekommt dann später nach ein paar Tagen auch Hautexzeme. Aber ein paar Tage schafft das immerhin.

Anna Bühler: Krass.

Christian Alt: Ja, es schafft es 15 Tage tatsächlich. Nach sieben Tagen sieht es sogar nochmal gut aus. Und dann sagt er sogar scherzhaft zu seinen Doktoren, wenn ich jetzt wieder gesund werde, dann schreibt ihr euch das mal wieder ins Buch, dass ihr mich gerettet habt. Aber das war nur meine Methode hier. Und dann stirbt er. Aber dann eben sieben Tage später. Sieben Tage später ist er dann tot. Nach 15 Tagen nach diesem Eingriff, nach diesem Tausch. Du wirst jetzt wahrscheinlich fragen, wie geht es dem anderen?

Anna Bühler: Hey Christian, wie geht es dem anderen?

Christian Alt: Dem anderen, Koldo Masow, der geht es auch sehr, sehr schlecht am Anfang. Aber der erholt sich schnell. Und tatsächlich, seine Tuberkulose ist irgendwann geheilt.

Anna Bühler: Oh krass. Okay. Das ist ja jetzt ganz schön schwierig zu bewerten, ob das dann wirklich eine Dovi-Idee war oder ob das vielleicht eigentlich schon geklappt hat, nur halt von krank auf gesund doof ist.

Christian Alt: Ja, tatsächlich die Methode von Ihnen, die wird bis heute nochmal in Betracht gezogen. Es gibt zum Beispiel gerade einen Startup, das wird unter anderem von Peter Thiel unterstützt. Tech-Milliardär, der will an einem klinischen Test teilnehmen, hieß es vor ein paar Jahren zumindest, bei dem alternden Menschen ab 35 das Blut junger Menschen gespritzt wird, um ihre Körper wieder jugendlich frisch zu machen.

Anna Bühler: Ab 35 hat mich gerade so ein bisschen runter, hat mich gerade ein bisschen runtergezogen. Ich bin noch keine 35, aber jetzt so lange ist es nicht mehr. Und das so alte Menschen ab 35 ist halt schon.

Christian Alt: Aber sorry, das Blut von uns beiden will eh kein Mensch.

Anna Bühler: Das will keine Sau mehr haben.

Christian Alt: So, dann müssten wir nur noch grüne Smoothies trinken oder so oder?

Anna Bühler: Nee, ja und dann findet ihr auch alle Pupswitze lustig und so, ach komm Leute, fragt einfach nicht.

Christian Alt: Genau, und es gibt aber andere Leute im Silicon Valley, ist das tatsächlich gerade eine große Idee, zum Beispiel Ray Kurzweil, der ist nur Tech-Millionär, nicht Milliardär wie Peter Thiel, der findet es zum Beispiel Beleidigung, dass er irgendwann mal sterben muss, bereitet sich eigentlich seit Jahren schon darauf vor, sein Leben so lange zu verlängern, wie es nur irgendwie möglich

Anna Bühler: ist. Das ist ja eigentlich eine Bewegung, oder? Genau. Ich weiß nicht viel mehr darüber, außer dass es sehr viele Leute machen und eben unterschiedliche Methoden dazu wählen, im Grunde unsterblich zu werden.

Christian Alt: Genau, und die Bluttherapie, die eigentlich von Bogdanov erfunden wurde, die ist heute noch im Silicon Valley irgendwie so der heiße Cipher Shit. Also es ist noch genauso wie 1908 damals, es ist immer noch irgendwie Sagen umwoben, es werden immer noch Versuche mit Tests gemacht.

Anna Bühler: Wahrscheinlich lesen die sein Buch und so, ne?

Christian Alt: Ja, zum Beispiel gerade auch erst vor ein paar Wochen, große Therapiemöglichkeit für Corona, Blutplasmatherapie, dass man eben das Plasma von kranken Menschen nimmt und anderen Menschen gibt. Jetzt hast du eben die ganzen, hast du nur die weißen Körperchen und hast die ganzen blöden Nebeneffekte, dass deine Leber anschwillt und die hast du dann eben nicht. Tatsächlich habe ich mich am Ende gefragt, also wir haben hier einen Typ, der krasser Vordenker des Sozialismus ist, der science fiction Autor war, der die Kunst vorangetrieben hat, die Sozialwissenschaften, die Medizin. Warum braucht es irgendwie so ein dummes Format wie Darwin? gefällt das? Um den endlich mal groß zu machen hier. Damit ich den, damit wir den kennenlernen. Die Wissenschaft hat einfach die Zeit, die wir haben, um zu lernen, wie man das machen kann. Um den Menschen zu kennenlernen. Die Wissenschaft hat einfach Probleme mit Universalgenies. Da wissen die Leute nicht, wie sie sie so zu packen haben, in welche Schublade die jetzt kommen. Und Bogdanov wird wirklich der Benjamin Franklin der Sowjetunion genannt, noch bis heute.

Anna Bühler: Krass, aber dann ist er dort, also wahrscheinlich so in Russland und Umgebung, ist er wahrscheinlich schon so ein kleiner. Ich bin doch vielleicht schon mal in so einem Nebensatz, ne? Ganz leider die Bücher nicht lesen, schade.

Christian Alt: Ja, genau, weil ich dumm bin.

Anna Bühler: Ja, genau, weil du tatsächlich aus, weil du kein Russisch sprichst oder was denn. Aber wahrscheinlich wird da schon mal hier und da ein Nebensatz erwähnt, oder?

Christian Alt: Ja, und eben bei uns bei Darwin gefällt das.

Anna Bühler: Ja, das ist ein großer Moment.

Christian Alt: Das war die Geschichte von Alexander Bogdanov, der versucht hat, mit Bluttransfusionen das ewige Leben zu erreichen. Darwin gefällt das ist eine Produktion von Kugel und Niere mit Anna Bühler und Christian Alt. Herstellungsleitung Schalkathetik. Producerin Elisabeth V.